Ferrari & Co können sich im Luxusmarkt behaupten – für alle anderen wird es eng
Der Luxussektor gerät ins Wanken. Makroökonomische Gegenwinde, steigender Preisdruck und geopolitische Spannungen – insbesondere auf Schlüsselmärkten wie China – führen zu einer deutlichen Abkühlung einer einst glamourösen Branche.
Von 2019 bis 2023 war mehr als 80 Prozent des Wachstums im Luxussegment auf Preissteigerungen zurückzuführen. Diese Strategie zeigt jedoch Ermüdungserscheinungen: Was einst als Erfolgsmodell galt, droht nun insbesondere preisbewusste Konsumenten mit Luxusambitionen zu vergraulen.
Amaya Gutiérrez, Leiterin Anlagemanagement und Portfolioberatung, Rothschild & Co BankMarken, die auf skalierbare Massenproduktion setzen, stehen zunehmend unter Druck.
Handelskonflikte zwischen den USA, China und Europa, drohende neue Zölle und geopolitische Unsicherheiten – etwa in Osteuropa oder im Nahen Osten – verschärfen die Situation zusätzlich. Marken, die auf skalierbare Massenproduktion setzen, stehen zunehmend unter Druck. Hermès hingegen überzeugt mit handwerklichem Können und massgeschneiderten Produkten, Ferrari mit exklusiver Automobilfertigung. Beide Marken zeigen, dass echter Mehrwert nicht nur hohe Preise rechtfertigt, sondern auch langfristige Kundentreue schafft.
Digitale Kanäle und neue Generationen
Während klassische Luxus-Codes hinterfragt werden, entsteht ein neues Wachstumsfeld: Millennials und Generation Z prägen zunehmend den Markt. Sie machen bereits über die Hälfte des weltweiten Luxusverbrauchs aus. Bis 2030 werden Millennials, Gen Z und Gen Alpha voraussichtlich für 80 Prozent der weltweiten Luxuskäufe verantwortlich sein. Sie suchen Personalisierung, Nachhaltigkeit und immersive digitale Erlebnisse. Luxus wird zunehmend erfahrbar – etwa durch exklusive Reisen, Events oder digitale Sammlerstücke. Marken wie Vacheron Constantin, die mit Blockchain-Startups wie Arianee zusammenarbeiten und NFTs als Echtheitszertifikate für Uhren anbieten, sind bereits Vorreiter. Gleichzeitig wächst ein Marktsegment am anderen Ende des Altersspektrums: ältere Konsumenten mit längerer Lebenserwartung und höherer Lebensqualität investieren verstärkt in kulturelle Erlebnisse und persönlichen Luxus.
Erfolgsfaktor: Mehr Beziehung als Transaktion
In einem zunehmend transaktionsorientierten Markt setzen Hermès und Ferrari auf den Aufbau langfristiger Kundenbeziehungen. Ihre Strategien basieren auf Wert statt Volumen, meiden aggressive Preispolitik und behalten dennoch starke Preisgestaltungsmacht. Das Resultat: Hohe Planbarkeit und begehrenswerte Produkte. Während der Pandemie 2020 übertrafen ihre Aktien deutlich den MSCI Europe Index – ebenso wie Hermès schon 2008 während der Finanzkrise überzeugte. Diese Resilienz ist auch der dauerhaften Einbindung der Gründerfamilien zu verdanken. Dieses Engagement – finanziell wie emotional – sichert nicht nur den Markenwert, sondern schützt auch die Interessen der Aktionärinnen und Aktionären.
Luxus braucht Substanz – und Charakter
Zwar dürften die Umsätze kurzfristig unter Druck bleiben, doch mit klarer Strategie, ständiger Innovationskraft und einem tiefen Markenverständnis gestalten Hermès und Ferrari nicht nur den Wandel der Branche mit – sie definieren den Luxusmarkt neu.