Luxus auf Rädern: Wie Ferrari zum Börsen-Giganten wurde

Ferrari – ein einzigartiges Geschäftsmodell, das näher bei der Luxusgüter- als der Automobilbranche angesiedelt ist.

Auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole: Die besten Geschäftsmodelle sind aus Investorensicht oftmals sogenannte Beziehungs-Geschäfte, das Gegenteil von Transaktionskosten-Geschäften. Denn aufgrund loyaler Kunden haben diese Unternehmen nicht täglich, über tiefere Preise, um Umsätze zu kämpfen. In der kurzlebigen Automobil- beziehungsweise Luxusgüterbranche sind diese Unternehmen besonders dünn gesät. Hermès und Ferrari sind dabei die Paradebeispiele.

Anders als alle anderen reinen Automobilhersteller verfolgt Ferrari eine glasklare Luxus-Strategie, die sogar innerhalb der Luxusgüterindustrie, mit Ausnahme von Hermès, ihresgleichen sucht. Die Produkte werden mit Liebe (und viel Handarbeit) hergestellt, die Marke hat eine einzigartige Rennauto-DNA und Geschichte, ist ungemein exklusiv und kann Ihre Kunden eigentlich auswählen – ein Ferraristi kann nicht jeder einfach so werden. Nein, Kunden müssen sich bei – sorgfältig ausgewählten Ferrari-Händlern (die Firma hat kein eigenes Vertriebsnetz) – für den Kauf einer «Macchina» qualifizieren. Der Preis einer solchen bewegt sich bei ein paar hunderttausend Franken aufwärts. Ein guter Teil der Kundschaft ist im Besitz mehrerer Ferrari und ein Grossteil der Neukunden besitzt bereits einen Ferrari. Diese Kundenloyalität und Exklusivität sucht ihresgleichen, und widerspiegelt sich in Wartelisten von über einem Jahr. Dass das Unternehmen zu über einem Drittel immer noch in Familienbesitz ist, überrascht da auch nicht weiter.

Kunden müssen sich bei sorgfältig ausgewählten Ferrari-Händlern für den Kauf einer 'Macchina' qualifizieren.

Beat Keiser, Head of Equities, Rothschild & Co Bank, Wealth Management

Ferrari operiert mit einer Strategie, die auf profitablem Wachstum basiert, und nicht auf Volumenbolzerei wie die meisten seiner «Konkurrenten». Das Unternehmen stellt momentan gerade einmal rund 14’000 Automobile her, mit einem bescheidenen jährlichen Wachstum im einstelligen Bereich. Mercedes-Benz beispielsweise produziert über 2 Millionen Fahrzeuge jährlich. Dagegen ist Ferrari ein Zwerg. Mit seiner Produktion generiert das Unternehmen jedoch Umsätze von über sechs Milliarden – hohen und stetig wachsenden Stückpreisen sei Dank. Margen und Kapitalrenditen, bei vielen Automobilfirmen beide im einstelligen Bereich, liegen bei Ferrari bei mehr als 25%.

Und was sind die grössten Risiken? Anders als bei vielen Luxusgüterunternehmen sicher nicht China; dort werden nämlich nur etwa 10% der Umsätze erzielt. Die Gefahr von neuen Konkurrenten, der Geschichte sei Dank, ist ebenfalls gering, obschon Unternehmen wie Lamborghini versuchen eine ähnliche Strategie wie Ferrari zu implementieren. Die grössten Risiken sehen wir vielmehr im Bereich Produktinnovation und dem, mittlerweile allerdings leicht abnehmenden, Übergang zu elektrischen Autos. Doch auch hier ist Ferrari mit dabei. Reine Verbrenner dominieren zwar noch aber hybride Autos wie der generieren bereits mehr als 40% des Volumens. Und das erste reine elektrische Auto könnte bereits in einem Jahr vom Band rollen – zu einem Stückpreis von satten rund fünfhunderttausend Euro.

Ferrari ist vor knapp zehn Jahren wieder aus dem einstmaligen Retter Fiat herausgelöst worden und an die Börse gegangen. Der Unternehmenswert hat sich seit da knapp verzehnfacht auf über 80 Milliarden, deutlich mehr als Premiumhersteller wie Porsche oder Mercedes-Banz, die ein x-faches an Autos fabrizieren. Entsprechend hoch ist die Bewertung, wie fast immer. Dennoch denken wir, dass das Unternehmen für langfristig orientierte Investoren weiterhin attraktiv bleibt, solange das Unternehmen seiner ungemein differenzierten Strategie treu bleibt. Ferrari – never change.