2025 dürfte es zu einer erheblichen Nachfrage nach festverzinslichen Wertpapieren kommen
Lange Zeit waren die Notenbanken, und insbesondere die US-Notenbank Fed, die Hauptantriebskräfte für die Anleihemärkte. 2025 wird das anders. Die Weltwirtschaft steht am Beginn einer Ära der fiskalischen Dominanz.
Die Fed tritt in den Hintergrund. Stattdessen orientieren sich die Märkte an der anderen dominierenden makroökonomischen Kraft: den Regierungen. Fiskalausgaben und -politik – von Handel und Einwanderung bis hin zu Steuern und Regulierung – sind für die künftige Entwicklung von Wachstum und Inflation von grosser Bedeutung. Da die US-Politik im Fluss ist, glaube ich, dass die Volatilität an den Märkten hoch bleiben wird, was sowohl zu einem höheren Risiko als auch zu grösseren Chancen für Anleger und aktive Manager führt. Wir setzen deshalb auf ausgesuchte Themen, die Anleiheportfolios im Jahr 2025 bestimmen werden.
Günstiges makroökonomisches Umfeld
Der Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump und die politischen Veränderungen, die dieser mit sich bringe, könnten dazu führen, dass das US-Wachstum stärker ausfällt als bisher erwartet. Die US-Wirtschaft dürfte von dem unternehmensfreundlicheren Klima profitieren, das durch mögliche Deregulierung und Steuersenkungen geprägt ist. Gleichzeitig könnte sich die Inflation als hartnäckiger herausstellen als bisher angenommen, da Zölle und die Einwanderungspolitik das Tempo der Preissteigerungen beeinflussen könnten. Dennoch sind wir nicht übermässig besorgt, da eine Reihe von Faktoren dazu beitragen können, eine potenziell inflationäre Finanzpolitik auszugleichen. Dazu gehört die deflationäre Wirkung eines starken US-Dollars. Zudem ist es einer Trump-Regierung schon einmal gelungen, Zölle einzuführen, ohne die Inflation anzuheizen.
Peter Becker, Fixed Income Investment Director, Capital GroupDer potenzielle Diversifizierungsnutzen von Anleihen ist so hoch wie seit Jahrzehnten nicht mehr.
Erhöhte Zinssätze und Zinsvolatilität können Chancen bieten
Wir erwarten, dass die Fed die Zinssätze im Jahr 2025 mit Bedacht weiter senken wird, wenn auch vielleicht nur ein- bis zweimal um 25 Basispunkte. Unter dieser Annahme dürfte die Rendite 10-jähriger US-Staatsanleihen zwischen vier und fünf Prozent liegen. Auch die Zinsvolatilität dürfte hoch bleiben. In diesem Umfeld kann die Positionierung in der Renditekurve und in der Duration Möglichkeiten bieten, sowohl offensiv als auch defensiv zu agieren. Die Risiken eines Durations-Engagements erscheinen ausgewogener und könnten mittelfristig attraktiv sein, während die Schwankungen der Zinssätze nach oben und unten Möglichkeiten bieten, sich gegen potenzielle Überreaktionen des Marktes abzusichern.
Anleihen höherer Qualität bieten besseren Wert
Der Renditeunterschied zwischen höherwertigen und minderwertigen Anleihen hat sich stark verringert, und die Risikokompensation ist auf ein historisch niedriges Niveau gesunken. Die geringen Spreads entschädigen Anleiheinvestoren nicht mehr angemessen für das gestiegene Risiko. Ein vergleichsweise kleiner Schock hätte bereits das Potenzial, zusätzliche Erträge zunichtezumachen. Der Bewertungsdruck bietet Anlegern jedoch die seltene Gelegenheit, die Qualität ihrer Anleihenallokation zu verbessern, ohne dabei Abstriche bei der Rendite zu machen, und möglicherweise sogar eine höhere Rendite zu erzielen. Investment-Grade-Anleihen mit höherer Qualität beispielsweise könnten ähnliche Ergebnisse wie ihre Pendants mit niedrigerer Qualität liefern, bieten aber ein viel grösseres Potenzial für den Schutz vor Verlusten. Ich gehe davon aus, dass die Streuung der Kreditqualität in den kommenden Jahren wieder zunehmen und eine defensivere Haltung belohnt werden wird. Qualitativ hochwertige Emittenten in Branchen wie Pharmazeutika, Versorger und erstklassige Finanzwerte können in einem risikoärmeren Umfeld aufgrund ihres defensiveren Profils attraktiv sein.
Korrelationen zwischen Aktien und Anleihen dürfte sich normalisieren
Da die Inflation mittlerweile viel näher am Zielwert der Fed liegt, ist es nicht länger das Bestreben der US-Notenbank, ein langsameres Wachstum zu erreichen. Sie konzentriert sich nun vielmehr darauf, das derzeitige Wachstumsniveau bei stabiler Inflation zu halten. Dieser Kurswechsel ist für Anleiheinvestoren äusserst wichtig, denn er ist der entscheidende Faktor, wenn es darum geht, bei der Korrelation zwischen Aktien und Anleihen zu historischen Normen zurückzukehren. Im Falle eines Wachstumsschocks hat die Fed die Möglichkeit, die Zinssätze zu senken, um das Wirtschaftswachstum zu stützen, wodurch die Renditen sinken und die Anleihekurse steigen. Hochwertige Anleihen könnten damit in einem potenziell ungünstigen Marktumfeld erneut eine Diversifizierung gegenüber Aktien und anderen Risikoanlagen bieten. Der potenzielle Diversifizierungsnutzen von Anleihen ist so hoch wie seit Jahrzehnten nicht mehr.
Technische Faktoren sprechen für festverzinsliche Anlagen
Die Nachfrage nach Anleihen dürfte 2025 hoch bleiben. Grund dafür ist unter anderem das hohe Renditepotenzial: Der Bloomberg US Aggregate Index bietet aktuell eine Rendite von etwa 5 Prozent und liegt damit deutlich über seinem 10-Jahres-Durchschnitt von etwa 2,9 Prozent. Höhere Anfangsrenditen haben in der Vergangenheit zu höheren zukünftigen Erträgen geführt. Und Anleiheinvestoren können potenziell sogar zweistellige Erträge Renditen erzielen, wenn die Wachstumserwartungen nachlassen sollten. Diese Kombination aus höherem Ertragspotenzial und überzeugendem Abwärtsschutzpotenzial könnte im Jahr 2025 zu einer höheren Allokation in festverzinsliche Anlagen führen. Da sich Aktien und viele andere Assetklassen auf oder in der Nähe von rekordhohen Bewertungen befinden, können Anleger ausserdem zunehmend versuchen, ihre erheblichen Gewinne zu sichern und sie durch höhere Anleiherenditen zu vermehren. Selbst eine Rückkehr der Anleger zu einer neutralen Aktien-/Anleihenallokation – aktuell sind viele Portfolios angesichts der starken jüngsten Aktienmarktgewinne zu stark auf Aktien ausgerichtet – dürfte zu einer erheblichen zusätzlichen Nachfrage nach festverzinslichen Wertpapieren führen.
Fazit: Starkes Ertragspotential in dynamischen Zeiten
Angesichts eines gesunden US-Wirtschaftswachstums, hoher Anfangsrenditen und einer Inflation, die unter Kontrolle zu sein scheint, dürften Anleihen im Jahr 2025 positive Renditen liefern. Zudem hat die Fed reichlich Spielraum, um die Zinsen im Falle eines negativen wirtschaftlichen Schocks zu senken, was zu einem sehr attraktiven Risiko-Ertrags-Profil für hochwertige festverzinsliche Wertpapiere führe. Anleger haben jetzt die Chance, ein hochwertiges, hochverzinsliches Portfolio aufzubauen, das in verschiedenen Szenarien ein attraktives Ertragspotenzial und einen gewissen Schutz vor Kursverlusten bieten kann. Die anbrechende Ära der fiskalischen Dominanz bietet Anlegern und aktiven Managern vielfältige Chancen.