Bedeutung von aktivem Management dürfte zunehmen

Das Sommerhoch war nicht von langer Dauer. Die zwischenzeitlich deutliche Kurserholung an den Aktienmärkten war angesichts des extrem schwierigen Umfelds, das wir zumindest für die nächsten zwölf Monate erwarten, auch sehr optimistisch. Insbesondere die an den Märkten gehandelte Erwartung, dass die Notenbanken bereits 2023 den Zinserhöhungspfad verlassen und mit Zinssenkungen beginnen werden, halten wir für unwahrscheinlich.

Die Inflation dürfte 2023 zwar zurückgehen, aber dennoch hoch bleiben. Wir haben unsere Erwartungen an das Wirtschaftswachstum für das Jahr 2023 für fast alle Regionen nochmals nach unten korrigiert. An den Aktienmärkten dürften mehr als niedrige einstellige Renditen nicht drin sein. Aktives Management und eine fundierte Einzeltitelanalyse (Stock Picking) sollten deutlich aussichtsreicher sein als eine Anlage auf Indexebene. Wir erleben eine neue Realität: Kapitalerhalt ist das Gebot der Stunde. Dafür dürften Aktien immer noch mit am besten geeignet sein.

Wenig Alternativen trotz deutlich niedrigerer Renditeerwartungen
Die Zeiten, in denen Aktienanlagen auf breiter Front zweistellige Renditen – sogar nach Abzug der Inflation – abgeworfen haben, dürften auf absehbare Zeit der Vergangenheit angehören. Dennoch dürfte Aktien auch künftig eine wichtige Rolle zufallen, wenn es darum geht, Vermögen aufzubauen bzw. zumindest höhere Inflationsraten zu kompensieren. Daran ändern die deutlich niedrigeren Renditeerwartungen nichts. Denn bei der Kapitalanlage geht es letztlich massgeblich um die Frage der Alternativen. Und da gibt es nicht viel Konkurrenz. Der Klassiker, langlaufende Staatsanleihen, dürften nicht das geeignete Instrument sein. Dass mit ihnen auch nur ansatzweise die hohen Inflationsraten ausgeglichen werden und damit wenigstens die Kaufkraft erhalten werden kann, ist äusserst unwahrscheinlich. Für die Aktienanlage gilt: Ohne eine genaue Analyse und die gezielte Auswahl einzelner Unternehmen dürfte es schwer werden, deutlich positive Renditen zu erzielen. Auf Indexebene sehen wir auf Sicht von zwölf Monaten nur geringes Potenzial. In Zeiten hoher Inflation ist es immer sehr schwierig, positive reale Renditen zu erzielen. Auch der von Börsianern häufig zitierte Blick jenseits der aktuellen Situation ist derzeit alles andere als klar. Schliesslich könnte es durchaus sein, dass wir mehrere Jahre schwachen Wachstums vor uns haben und das Wachstum der Unternehmensgewinne deutlich niedriger ausfällt als in der Vergangenheit.

Trotz der erwartet noch weiter steigenden Renditen bleiben zehnjährige Staatsanleihen aus den USA und Europa als Renditebringer wohl auch künftig wenig attraktiv.

Stefan Kreuzkamp, Chefanlagestratege, DWS

Renditechancen mit Hochzinsanleihen aus Schwellenländern
Die Kurse von Staatsanleihen aus den USA und der Eurozone sind in den vergangenen Wochen deutlich unter die Räder gekommen. Steigende Renditen sorgten für massive Kursverluste – die Renditen von zweijährigen Bundesanleihen beispielsweise stiegen um beinahe 100 Basispunkte. Grund dafür war, dass die Märkte die Chancen schwinden sahen, dass die Notenbanken ihren Zinserhöhungspfad frühzeitig schon im ersten Halbjahr des kommenden Jahres verlassen könnten. Trotz der erwartet noch weiter steigenden Renditen bleiben zehnjährige Staatsanleihen aus den USA und Europa als Renditebringer wohl auch künftig wenig attraktiv. Wir erwarten, dass sich die realen Renditen, also die Renditen nach Abzug der Inflation, bei 0,5 Prozent einpendeln werden. Etwas besser dürften die Aussichten für Hochzins-Unternehmensanleihen sein, gerade auch aus Schwellenländern. Die Fundamentaldaten vieler Unternehmen haben sich dort in den letzten Jahren erheblich verbessert. Dennoch sind die Zinsaufschläge deutlich höher als bei Anleihen aus entwickelten Ländern und sollten die Risiken – Inflationsdruck, geopolitische Spannungen, starker Dollar – gut kompensieren können.

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