Goldpreis: Alles eine Frage des Timings

Der Goldpreis profitierte im April von den leichten Rückgängen des US-Zinsniveaus und des Dollars. Vorerst könnte der Druck auf den Goldpreis noch einmal zunehmen. Langfristig sind die Aussichten dennoch glänzend.

Eine gewisse Erholung des Goldpreises war nach den deutlichen Verlusten seit Jahresbeginn fällig. So markierte das vorläufige Hoch der langen US-Zinsen auch einen Wendepunkt für das gelbe Metall. Nachdem es zuvor noch zu erheblichen Abflüssen aus Gold-ETFs gekommen war, hatten sich diese schnell deutlich reduziert. Insgesamt überwog auf dem tiefen Niveau von USD 1'700 das Kaufinteresse die Verkaufsbereitschaft. Als Käufer traten im vergangenen Quartal zudem wieder vermehrt Zentralbanken auf, welche sich noch vor einem halben Jahr stark zurückgehalten hatten.

Langfristig positive Treiber
Die meisten Analysten sind sich wohl einig, dass Edelmetalle langfristig Kurspotenzial haben. Die Realzinsen in den USA und den meisten anderen Ländern dürften noch lange Zeit negativ bleiben. Dies schon allein deswegen, weil die massiven Staatsschulden sonst für kaum eine Volkswirtschaft dauerhaft tragbar wären.

Für kurzfristig orientierte Anleger gilt es, das US-Zinsniveau und den Dollar wachsam zu verfolgen.

Thomas Heller, Chief Investment Officer, Schwyzer Kantonalbank

Die unzähligen Konjunkturprogramme seit Ausbruch der Pandemie haben dies gar noch verschärft. Eben jene Programme liefern ein weiteres Argument pro Gold: Sie führen zu einer nie dagewesenen Geldschwemme, deren langfristige Wirkung kaum abzuschätzen ist. An ihrem Ende dürfte neben einem offensichtlichen Schuldenanstieg auch ein Inflationsanstieg stehen und daraus folgend eine Abwertung der entsprechenden Währungen. All dies dürfte insbesondere den US-Dollar betreffen. Dieser leidet zudem bereits seit Jahren unter dem Druck des US-Zwillingsdefizits (in Haushalt und Leistungsbilanz) sowie unter einem zunehmenden Bedeutungsverlust im Welthandel. Für Edelmetalle ergeben sich daraus glänzende Aussichten.

Zurück ins hier und jetzt

Vorerst ist die Realität jedoch eine andere. Das US-Zinsniveau hat sein Tief wohl durchschritten und verzeichnet seit dem Jahreswechsel einen beträchtlichen Anstieg. Die USA zeigen starke Konjunkturdaten und eine überraschend erfolgreiche Impfkampagne, was Erwartungen einer baldigen wirtschaftlichen Normalisierung schürt.

Langfristige Investoren wiederum haben Grund zur Zuversicht und könnten allfällige Rücksetzer für Zukäufe nutzen.

Thomas Heller

Dies dürfte dem Zinsniveau weiteren Aufwind verleihen, zumal im Laufe des Jahres Stimmen laut werden könnten, welche eine Reduktion der US-Anleihekäufe fordern. Weil der US-Zinszyklus dem europäischen einmal mehr weit voraus ist, dürfte die Zinsdifferenz zum Euro wieder ansteigen und den Dollar stärken. Das ertragslose Gold wäre dann wenig attraktiv. Es ist also denkbar, dass sich das Umfeld für Gold nur temporär aufgehellt hat. Für kurzfristig orientierte Anleger gilt es daher, das US-Zinsniveau und den Dollar wachsam zu verfolgen. Langfristige Investoren wiederum haben Grund zur Zuversicht und könnten allfällige Rücksetzer für Zukäufe nutzen.

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