US-Fiskalpakete: Zu viel des Guten?

Es gab und gibt viele Argumente für fiskalische Impulse in den USA: Das Abfedern der Folgen der Corona-Pandemie für Unternehmen und Haushalte, Sanierungsbedarf bei der Infrastruktur, die grosse Einkommens- und Vermögensschere, notwendige Investitionen in Bildung und in Technologien der Zukunft, Massnahmen zur Eindämmung des Klimawandels usw.

1.7 Billionen US-Dollar, 900 Milliarden US-Dollar, 1.9 Billionen US-Dollar, 2.3 Billionen US-Dollar: Diese Dollarbeträge stehen für zwei Corona-Rettungspakete in den USA vom März und Dezember vergangenen Jahres sowie den American Rescue Plan (ARP) und das Infrastrukturprogramm (Build Back Better Plan, BBB), die US-Präsident Joe Biden letzten Monat angekündigt hat. Und noch im April könnte Biden mit zusätzlichen Massnahmen im Umfang von USD 1 Billion nachlegen, bei denen es um Hilfen für Familien gehen soll. Macht unter dem Strich fast 8 Billionen US-Dollar. Zum Vergleich: Dies entspricht mehr als einem Drittel des jährlichen amerikanischen Bruttoinlandprodukts. Das ist viel, sehr viel. Einige Beobachter fürchten, dass die Massnahmen prozyklisch wirken, also zu greifen beginnen, wenn die Wirtschaft bereits von selber in Schwung kommen würde. Die Konjunktur würde überhitzen, die Inflation könnte anziehen und die Geldpolitik sähe sich gezwungen, mit einem scharfen Bremsmanöver Gegensteuer zu geben, was die Konjunktur abwürgen könnte. Die Fiskalpakete würden damit den Weg direkt in die nächste Rezession ebnen.

Tun die USA zu viel? Man wird dereinst zumindest kaum sagen können, sie hätten zu wenig getan.

Thomas Heller, CIO und Leiter Research, SZKB

2021 und 2022 wird sich die US-Konjunktur vom Corona-Schock deutlich erholen. Teile des ARP sowie vor allem der BBB – welcher bezüglich Volumen, Verwendungszweck und insbesondere der Finanzierung im politischen Prozess noch Anpassungen erfahren wird – entfalten ihre Wirkung aber nicht nur kurzfristig, sondern über die nächsten acht bis zehn Jahre. Der zusätzliche Netto-Effekt (Stimulus der Ausgaben abzüglich der bremsenden Wirkung der geplanten Steuererhöhungen) des BBB auf die Wirtschaftsleistung wird vom Research-Haus Capital Economics auf 0.5% pro Jahr veranschlagt. Das ist nicht wenig, der prozyklische Charakter der Massnahmen ist nicht von der Hand zu weisen. Auf der anderen Seite: Die Teuerung wird dieses Jahr zwar deutlich steigen, die Welt wird aber nicht auf einen nachhaltig höheren Inflationspfad einschwenken. Die Geldpolitik wird deshalb kaum restriktiver werden müssen. Dennoch: Die Stimuluspakete werden den Konjunkturzyklus kurzfristig verstärken. Mittel- bis langfristig könnten sie hingegen stabilisierend wirken. Tun die USA zu viel? Man wird dereinst zumindest kaum sagen können, sie hätten zu wenig getan.

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