Amazon automatisiert sich reich – und investiert sich zugleich an die Schmerzgrenze
Amazon ist im Umbruch: Der Tech-Gigant geht in die teuerste Umbauphase seiner Geschichte. Roboter, Daten und KI treiben die Effizienz auf ein neues Niveau – doch der steigende Kapitalbedarf macht die Wachstumsstrategie zur Bewährungsprobe.
Amazon gehört heute zu den prägendsten Konzernen der Weltwirtschaft – und bleibt dennoch ein Unternehmen im permanenten Umbau. Was 1994 als unscheinbarer Online-Buchladen begann, ist heute ein globales Technologieimperium, das E-Commerce, Cloud-Computing, digitale Werbung und Abo-Dienste in einem einzigen Ökosystem bündelt. Möglich macht dies ein Prinzip, das Amazons Geschichte wie ein roter Faden durchzieht: kompromisslose Kundenorientierung, kombiniert mit dem ständigen Reinvestieren der Gewinne.
Kleine Optimierungen, grosse Wirkung
Das Retail-Geschäft, das rund 83 Prozent des Umsatzes ausmacht, ist für Amazon allein kaum profitabel. Hohe Investitionen in Automatisierung, aggressive Preise, das weit verzweigte Vertriebsnetz und schnelle Lieferungen belasten die Marge. Dennoch gelingt es dem Unternehmen, das Retail-Segment durch zusätzliche Services profitabel zu machen. Dazu zählen das Werbegeschäft, die Dienstleistungen für Drittanbieter sowie die Prime-Mitgliedschaft. Über die Hälfte aller auf Amazon verkauften Produkte stammt heute von Drittanbietern, und das Werbegeschäft wächst jährlich um etwa 20 Prozent.
Luca Riboni, Aktienanalyst, Rothschild & Co Bank2025 will der Konzern rund 125 Milliarden Dollar investieren. Diese Gelder fliessen hauptsächlich in neue Rechenzentren und Infrastruktur.
Parallel dazu steigert Amazon konsequent seine operative Effizienz. 2024 waren bereits mehr als 750’000 Roboter in den Logistikzentren im Einsatz und wirkten bei rund 75% aller Bestellungen mit. Die Automatisierung erhöht Geschwindigkeit und Präzision des Vertriebs und macht diesen weniger fehleranfällig. Im letztjährigen Weihnachtsquartal schnellte gegenüber dem Vorjahr dadurch die Zahl der am gleichen oder nächsten Tag zugestellten Pakete um 65 Prozent in die Höhe. Diese Dimensionen zeigen, wie stark sich selbst kleine Prozessverbesserungen bei einem Unternehmen dieser Grösse unmittelbar auf den Gewinn auswirken.
Die Zahlen sprechen für sich
Amazons Retail-Geschäft bewegt sich zyklisch und ist stark vom Kndensentiment abhängig, während Cloud und Künstliche Intelligenz boomen. Amazon Prime bindet über 220 Millionen Mitglieder – in den USA rund 70 bis 80 Prozent aller Haushalte – eng an das Ökosystem. Im Werbegeschäft verfügt Amazon über einen nahezu unkopierbaren Wettbewerbsvorteil: umfassende Kundendaten einschliesslich klarer Kaufabsichten sowie die Möglichkeit, zielgerichtete, transaktionsnahe Werbung direkt auf der eigenen Plattform und über das breite Streaming-Angebot auszuspielen. Und über allem steht AWS (Amazon Web Services), das Cloud-Kernstück, das zwar nur rund 17 bis 18 Prozent des Umsatzes, aber mehr als die Hälfte des Gewinns liefert und damit entscheidend für Amazons Bewertung bleibt.
Die nächste Wachstumsphase hat jedoch ihren Preis. 2025 will der Konzern rund 125 Milliarden Dollar investieren. Diese Gelder fliessen hauptsächlich in neue Rechenzentren und Infrastruktur. Ob sich diese rekordhohen Mittel auszahlen und die Nachfrage langfristig trägt, wird entscheidend sein für die künftige Profitabilität des Konzerns.