Vontobel verliert seinen CFO – Thomas Heinzl wirft das Handtuch
Man könnte meinen, eine Bank im Turnaround-Modus täte gut daran, ihre Schlüsselpersonen auf Führungsebene zu halten. Vontobel beweist das Gegenteil. Mit Thomas Heinzl verlässt ein ausgewiesener Profi den Posten des Chief Financial Officer – und das ausgerechnet mitten in einer heiklen Umbauphase. Das wirft weniger Fragen zu Heinzl auf als zur Bank selbst.
Der Zeitpunkt ist bemerkenswert. Ein CFO geht nicht kurz vor Jahresende, wenn alles rund läuft. Der Abgang deutet vielmehr darauf hin, dass es im Top-Management von Vontobel strukturell knirscht. Die Gründe dürften vielfältig sein, doch ein Faktor drängt sich auf: die Doppelspitze mit zwei CEOs. Was auf dem Papier nach geteilter Verantwortung klingt, erweist sich in der Praxis oft als Experiment mit erhöhtem Personalverschleiss.
In einer idealen Welt ist der CFO die rechte Hand eines CEOs. Einer, nicht zwei, wohlgemerkt. Der CEO formuliert Vision, Ambition und strategische Erzählung. Der CFO sorgt dafür, dass diese Erzählung die Realität von Cashflows, Risiken und Kapitalmärkten überlebt. Wo diese beiden Perspektiven sich früh, offen und ehrlich begegnen, entsteht Führungsstärke. Wo nicht, entsteht Friktion. Im funktionierenden Duo ist der CFO kein Zahlenverwalter, sondern Sparringspartner. Er stellt unbequeme Fragen, rechnet Szenarien durch und weist darauf hin, wenn Optimismus beginnt, teuer zu werden. Der CEO wiederum akzeptiert diesen Widerspruch als Qualitätsmerkmal guter Führung – nicht als mangelnde Loyalität oder Innovationsfeindlichkeit. Vertrauen ist dabei der entscheidende Kitt: intern harte Diskussionen, extern geschlossene Reihen. Genau dieses Gleichgewicht wird in einem Konstrukt mit zwei CEOs zur systemischen Herausforderung. Wer ist der primäre Ansprechpartner des CFO? Wessen Strategie wird finanziell priorisiert? Wem widerspricht man zuerst – und wem zuletzt? Balance, der zentrale Erfolgsfaktor jeder CEO/CFO-Beziehung, wird hier nicht schwierig, sondern nahezu unmöglich.
Dass Thomas Heinzl in diesem Umfeld das Weite sucht, überrascht daher weniger, als es auf den ersten Blick scheint. Natürlich gilt das Mantra, jede Führungskraft sei ersetzbar. In der Realität jedoch dürfte es alles andere als trivial werden, einen neuen CFO zu finden, der bereit ist, sich mitten in einer Turnaround-Situation zwischen zwei Führungspersönlichkeiten zu positionieren, die unterschiedlicher kaum sein könnten – und dabei gleichzeitig Verantwortung, Haftung und Glaubwürdigkeit zu tragen. Der Abgang des CFO ist damit weniger ein Personalereignis als ein Symptom. Und Symptome sollte man ernst nehmen – besonders in einer Bank, die sich gerade selbst neu erfinden will.