Vontobel: Warum Thomas Heinzl der Richtige für den CEO-Posten ist

Mit der Ankündigung von Zeno Staub, sein Mandat als CEO der Zürcher Privatbank Vontobel im Frühjahr 2024 niederzulegen und die Politik einzusteigen, haben naturgemäss Spekulationen über seine Nachfolge – oder seine Nachfolgerin – eingesetzt. Inzwischen machen verschiedene Namen von internen «Papabili» die Runde.

Das letzte Wort hat natürlich der Verwaltungsrat von Vontobel, welcher in den kommenden Wochen und Monaten entscheiden wird, wer die Nachfolge von Zeno Staub antreten wird. Das sogenannte «Nomination Committee» setzt sich aus dem Verwaltungsratspräsidenten Andreas Utermann, seinem Vize Bruno Basler, und den VR-Mitgliedern Michael Halbherr, Clara Streit und Björn Wettergren – letzterer ein Vertreter der Familie Vontobel – zusammen. Offiziell nicht zu den «Papstmachern» zählt Maya Baumann, ebenfalls eine Vertreterin der Familie Vontobel und, dem Vernehmen nach, eine glühende Verfechterin für eine weibliche Nomination. Ihr Einfluss auf den finalen Personalentscheid sollte nicht unterschätzt werden.

Aber der Reihe nach. Vontobel hat bereits sehr früh verlauten lassen, dass im Idealfall eine interne Kandidatur zum Zuge kommt, was nicht heissen will, dass am Ende des Prozesses nicht doch noch eine externe Person zum Handkuss kommt. Für eine externe Führungskraft dürfte es aber nicht einfach sein, die komplexen Verflechtungen und Verbindungen innerhalb der Bank innert nützlicher Frist zu durchschauen und, noch wichtiger, zu durchbrechen. Insofern sind die internen Kandidaten, und davon gibt es einige, klar im Vorteil. Viel Zeit hat der oder die neue CEO nämlich nicht. Um Vontobel war es auch schon besser bestellt. Das Asset Management, lange Zeit die Ertragslokomotive der Bank, schwächelt massiv. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Sie liegen möglicherweise auch an der verunglückten Umpositionierung der Bank durch Zeno Staub im Jahr 2021, der Vontobel als «kundenorientiertes Investmenthaus» neu aufstellte. Zeitgleich trat Axel Schwarzer, der damaligen Leiter des Asset Managements, dem intern süffisante, amouröse Eskapaden nachgesagt werden, in den Ruhestand. Dafür übernahm Zeno Staub, zusätzlich zu seiner CEO-Rolle, die Leitung der neu geschaffenen Einheit «Investments» und amtetet bis 2023 in einer Doppelrolle, die ihn möglicherweise angreifbar machte, zumal die ausbleibenden Erträge aus dem Asset Management der erfolgsverwöhnten Bank Fragen aufgeworfen haben dürften. Ob Verwaltungsratspräsident Andreas Utermann, der – im Gegensatz zu seinem Vorgänger Herbert J. Scheid – ebenfalls gut vertraut ist mit dem Institutionellen Geschäft, Druck auf Zeno Staub ausgeübt hat, ist nicht belegt. Ganz unwahrscheinlich ist es aber nicht, zumal Andreas Utermann über ein gesundes Selbstbewusstsein verfügen soll.

Selektion ist manchmal Beförderung in das Abseits.

Fritz P. Rinnhofer (1939 – 2020), Marketing- und Verkaufsmanager und Publizist

Zurück zur Ursprungsfrage: Wer soll Zeno Staub im Frühjahr 2024 nachfolgen? Natürlich die fähigste Person, möchte man meinen. Wobei wir wieder auf die internen «Papabili» zu sprechen kommen müssen. Bekannt ist, dass in Kreisen der Familie Vontobel eine weibliche Kandidatin hoch willkommen wäre. Die einzige Vontobel-Frau im Rennen um den begehrten CEO-Posten ist Christel Rendu de Lint. Sie ist von der Union Bancaire Privée (UBP) zu Vontobel gestossen und hat von Zeno Staub im Januar 2023 die Leitung der Einheit «Investments», übernommen. Böse Zungen behaupten, dass sie einen Scherbenhaufen angetroffen hat. Noch vermochte sie sich nicht zu beweisen. Aber, sie ist klug und dürfte über das notwendige Rüstzeug verfügen, ihrer jetzigen Aufgabe gerecht zu werden.

Nebst Christel Rendu de Lint wurden natürlich noch weitere interne Kandidaten von Branchenbeobachtern ins Feld geführt. Wir wollen an dieser Stelle nicht im Detail auf diesen Personenkreis eingehen, da es den Betreffenden entweder an Charisma oder an internem Rückhalt (oder beides) mangelt. Ein ernstzunehmender Konkurrent von Christel Rendu de Lint darf aber nicht unerwähnt bleiben. Es ist Thomas Heinzl, der aktuelle CFO von Vontobel. Er dürfte Zeno Staubs Kronfavorit sein, hätte er ein Mitsprachrecht. Hat er aber nicht. Zudem überzeugt Thomas Heinzl auch ohne Schützenhilfe des aktuellen Amtsinhabers.

Thomas Heinzl eilt der Ruf einer zupackenden Führungskraft mit einem messerscharfen Verstand voraus. Er ist Kraft seiner Position als CFO von Vontobel naturgemäss ein enger Vertrauter des CEO und dürfte in der heutigen Konstellation auf Stufe Management einer der wenigen sein, der Zeno Staub intellektuell das Wasser reichen kann. Das könnte auch ein Nachteil sein, denn das Tempo, das Schnelldenker Heinzl vorlegt, ist konstant hoch. Gleiches gilt für die Erwartungen, die er an sein Umfeld stellt. Zu befürchten ist aber, dass Thomas Heinzl, im ungünstigsten Fall, an etwas ganz anderem scheitern könnte: seinem Geschlecht. Offenbar will man bei Vontobel in Gender-Kreisen punkten. Damit wir uns nicht falsch verstehen: Frauen gehören klar auch in Führungspositionen. Aber nur, wenn sie nachweislich die besten fachlichen und persönlichen Voraussetzungen mitbringen. Tun sie das nicht und werden trotzdem in Positionen gehievt, für die sie nur vordergründig qualifizieren oder um Quoten zu erfüllen, leistet man den weiblichen Kandidaten – und damit auch dem Unternehmen – einen Bärendienst.

Vontobel steht vor grossen unternehmerischen Herausforderungen. Ungünstiger könnte der Zeitpunkt für personelle Experimente auf der Führungsebene nicht sein. Das Nomination Committee im Verwaltungsrat von Vontobel wird sich also die Frage stellen müssen, ob sie die langfristige Prosperität der Bank in die fähigsten Hände legen will – oder ob sie eine Person am operativen Steuer installiert, die dem vorherrschenden Zeitgeist entspricht. Eigentlich ein relativ einfacher Entscheid, möchte man meinen.

Hauptbildnachweis: Vontobel