Wie die jüngsten Fed-Entscheide Kapitalmarktprognosen beeinflussen

Kurz nach der Jahreswende scheint es, als würde die US-Notenbank (Fed) den 2022er Ausblick stärker beeinflussen als Omikron. Für Anleihen wird es noch enger, Aktien könnten profitieren.

Die meisten Jahresausblicke von Kapitalmarktteilnehmern werden im November zusammengestellt, so dass es bereits zum Jahreswechsel Revisionsbedarf geben kann. Im Falle volkswirtschaftlicher Wachstumszahlen wäre das zwar etwas verwunderlich, bei den Kapitalmarktprognosen schon weniger, schliesslich werden hier jeden Tag die Zukunftsaussichten im wahrsten Sinne des Wortes neu verhandelt. Und dann gibt es da noch eine Institution, die sich gleichermassen vom Wirtschafts- und Finanzumfeld leiten lässt und dieses beeinflusst. Die Rede ist von den Zentralbanken.

Spätestens mit den jüngst veröffentlichten Protokollen der Fed dürfte jedem klar geworden sein, dass sich deren Geldpolitik nicht mehr, wie noch Mitte 2021 proklamiert, überwiegend am Arbeitsmarkt orientiert.

DWS

Doch beginnen wir beim Jahresausblick 2022 der Spezialisten aus dem Hause DWS, wie er im November festgelegt wurde und wie er in Auszügen in der untenstehenden Grafik zu sehen ist. Erwartet wird ein allgemein solides Wachstum, wobei sich China über 5,3 Prozent BIP Wachstum weniger freuen dürfte als Europa über 4,6 Prozent. Dass die USA wiederum mit nur 4 Prozent hinter Europa liegen könnten, dürfte sie sogar doppelt fuchsen, da sie noch dazu ein deutlich höheres Budgetdefizit dafür in Kauf nehmen müssen. Ausserdem arbeiten in den USA immer noch rund drei Millionen Menschen weniger als vor der Covid-Krise. Genau hier kommt die grösste Überraschung der letzten Wochen ins Spiel. Spätestens mit den jüngst veröffentlichten Protokollen der Fed dürfte jedem klar geworden sein, dass sich deren Geldpolitik nicht mehr, wie noch Mitte 2021 proklamiert, überwiegend am Arbeitsmarkt orientiert. Die Inflationssorgen sind bei ihr angekommen, und sei es nur, weil sie nun bei einem grossen Teil der Bevölkerung auf Besorgnis stossen.

DWS-Prognosen für Wachstum, Inflation und Gesamtrenditen

Wie wirkt sich nun eine rigidere Fed auf die 2022er Prognosen von DWS aus? Auf die Wachstumsraten und wahrscheinlich selbst auf die Inflationszahlen wohl kaum. Eher auf die Kapitalmarktprognosen. Zwar wurde ohnehin mit keinem guten Jahr für Staatsanleihen gerechnet, doch könnte es noch schlimmer kommen. Auch für Gold war die Stimmung nicht positiv. Das Edelmetall profitiert zwar von Inflationssorgen, aber nicht von steigenden Realrenditen. Bleiben noch Aktien. Der Jahresanfang hat bereits gezeigt, dass schneller steigende Zinsen für Wachstumswerte kein Spass sind. Doch sollte man nicht zu schnell von einem – zuvor sehr gut gelaufenen – Sektor auf alle Aktien schliessen. Nicht nur, dass Finanzwerte von höheren Zinsen profitieren, auch Zykliker laufen regelmässig gut, wenn Zinserhöhungen mit einer gut laufenden Wirtschaft in Verbindung gebracht werden. Überhaupt können Zinserhöhungen dem Aktienmarkt sogar guttun, nicht nur, da er als relativer Inflationsschutz gilt. Nämlich dann, wenn die Anleger zuvor Sorge hatten, die Zentralbank sei «behind the curve», also zu passiv. Dann müsste sie auf den weiter gestiegenen Inflationsdruck später – und dann wohl stärker – reagieren. Insofern fühlten sich die Spezialisten von DWS bis dato mit ihren Aktienkurszielen noch recht wohl, auch wenn sie auf dem Weg dorthin mit etwas mehr Volatilität rechnen müssen, wie sie vermelden.

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