Potential beim Einsatz von KI bei Banken – am Beispiel von JP Morgan

Der Aktionärsbericht von Jamie Dimon, CEO von JP Morgan, bezeichnet im April 2024 die Auswirkungen der künstlichen Intelligenz als die erste und wichtigste Herausforderung für seine Gruppe. Aus seiner Analyse gehen mehrere Kernpunkte hervor. Die Folgen der KI werden tiefgreifend sein, wenn auch nicht so revolutionär wie einige der herausragenden technologischen Innovationen der letzten Jahrhunderte.

Die JP Morgan-Gruppe beschäftige heute 2’000 Experten für künstliche Intelligenz, darunter Datenwissenschaftler und Experten für maschinelles Lernen. Dazu wurden mehr als 400 praktische Anwendungen für den Einsatz von KI eingeführt, in so unterschiedlichen Bereichen wie Marketing, Betrugserkennung, Risikomanagement. Über diese leicht nachvollziehbaren KI- Anwendungsbereiche hinaus, erforscht die Gruppe derzeit noch andere Bereiche, in denen generative KI einen wichtigen Beitrag leisten kann. Ganz allgemein, so Jamie Dimon, kann KI alle internen Prozesse neu gestalten.

Entscheidungen auf Führungsebene
Die kritische Bedeutung von KI für das Geschäft einer Grossbank hat JP Morgan dazu veranlasst, die Position eines «Chief Data & Analytics Officer» zu schaffen, der einen Sitz im Group Operating Committee erhält. KI ist einer der wichtigen Wirtschaftstreiber: Sie hat das Potenzial, Industrie- und Wirtschaftsunternehmen tiefgreifend zu verändern, da sie in vielen Bereichen, auf die Jamie Dimon nur einen begrenzten Blick wirft, zusätzliche Produktivität ermöglicht. Die Einführung von KI in Unternehmen aller Branchen wird daher seiner Analyse zufolge von den Mitgliedern des Managements im Rahmen ihrer treuhänderischen Verantwortung «von oben nach unten» durchgesetzt werden, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu steigern oder zumindest zu vermeiden, dass sie von Wettbewerbern abgehängt werden.

Die kritische Bedeutung von KI für das Geschäft einer Grossbank hat JP Morgan dazu veranlasst, die Position eines 'Chief Data & Analytics Officer' zu schaffen, der einen Sitz im Group Operating Committee erhält.

Brice Prunas, Portfolio Manager, ODDO BHF

Vorteilhafter Datenreichtum
Die von Jamie Dimon angeführten Projekte für den Einsatz von KI leuchten ein, weil der Bankensektor gute Voraussetzungen für den wachsenden Einsatz von KI bietet. Dazu ist zunächst zu bedenken, dass die JP Morgan Group wie viele Banken in den Industrieländern ein Universalbankmodell verfolgt. Das bedeutet, dass ihre Aktivitäten das gesamte Spektrum vom Privatkundengeschäft bis hin zu Kapitalmärkten, Asset Management, Private Banking und mehr umfassen. Dieses breite Spektrum an Aktivitäten erlaubt es grossen Finanzinstituten, einen beeindruckenden Datenreichtum zu generieren, sowohl in Bezug auf die Quantität als auch auf die Vielfalt oder Qualität. Ohne Daten kann KI sich nicht weiterentwickeln. Es sei unmöglich, eine KI aufzubauen, ohne sie zuvor an bestehenden Fällen zu trainieren, und je grösser das Trainingsuniversum ist, desto besser sind die von der KI generierten Inhalte.

Disruptive Effekte
Allerdings bringt eine solche technologische Revolution weitreichende Konsequenzen auf allen Ebenen mit sich. Dazu gehören Auswirkungen auf Beschäftigte. Wie Jamie Dimon selbst ausdrücklich einräumt, wird KI die Zusammensetzung seiner Belegschaft beeinflussen. KI könnte zu einem Abbau bestimmter Jobprofile oder Arbeitsplätze führen, so dass Schulungen für neue Berufe und Versetzungen notwendig werden, möglicherweise im Eiltempo. Die Nutzung grosser Datenmengen, um sie für KI-Modelle verfügbar zu machen, wird zu einem Bedarf an grossen und schnell wachsenden Speicherkapazitäten führen. Diese Kapazitäten könnten in Clouds verlagert werden. Dies werfe Fragen zum Ausmass von Kosten und Energieverbrauch auf. Hinzu kommen Risiken für die Cybersicherheit. Für Bankkonzerne ist das Risiko eines Daten- oder Gelddiebstahls natürlich ein grosses Risiko. Aufgrund ihrer Eigenschaften, etwa der analytischen Leistung und Innovation, erhöht die KI die Cyberrisiken erheblich.

Hauptbildnachweis: JP Morgan