Das Machtkartell im Porsche-Konzern

Der Sportwagenhersteller ist kein Unternehmen wie jedes andere. Der Börsengang ist in Wahrheit ein weiterer Schritt in Richtung Familiendynastie.

Mit dem bevorstehenden Börsengang öffnet sich die Porsche AG dem breiten Publikum. Kleine und grosse Investoren können Aktien an dieser Ertragsperle in der Automobilwelt zeichnen, als Sportwagen-Ikone besitzt sie zusätzlich einen hohen emotionalen Wert. Doch den neuen Anlegern muss klar sein: Bezogen auf Einfluss oder gar Macht müssen sie sich ganz hinten anstellen. Schon auf der operativen Ebene wird Stärke gezeigt. Vorstandsvorsitzender Oliver Blume ist seit 1. September zusätzlich Chef der Porsche-Muttergesellschaft Volkswagen AG und mit der wohl grössten Machtfülle in einem Automobilkonzern ausgestattet. Die Beschäftigten von Porsche sind nicht minder selbstbewusst. Davon zehrt auch ihre Gewerkschaft, die ohnehin mächtige IG Metall in Deutschland. Die Arbeitnehmer liefern Spitzenleistungen ab und wollen einen entsprechenden Gegenwert. Daher werden sie regelmässig mit hohen Jahresprämien verwöhnt. Wehe, diese Arbeit würde nicht honoriert, da wäre rasch Feuer unterm Dach.

Eine unmögliche Konstellation an der Spitze
Die Aktionäre muss das grundsätzlich nicht schrecken, ganz im Gegenteil können sie sich darüber freuen, wenn es im Unternehmen rund läuft und die Manager nicht abheben. Ganz anders sieht es auf der Ebene der Eigentümer aus. Hier haben die Familien Porsche und Piëch das Sagen. Für sie zählt – im Gegensatz zu den externen Aktionären – in erster Linie die Macht und erst danach die Rendite. Sie haben auch Blume in den Chefsessel von Volkswagen verholfen, im Doppelpack mit Porsche eigentlich eine unmögliche Konstellation und gespickt mit Interessenkonflikten. Die Historien von Porsche und VW sind die einer ewigen Symbiose. 1931 gründete Ferdinand Porsche den Autohersteller als Konstruktionsbüro in Stuttgart und entwickelte später im Auftrag Hitlers den «Volkswagen» als populistisches Fortschrittssymbol für die breite Masse. Seine beiden Kinder Ferry und Louise begründeten die heutigen Familienstämme.

Den neuen Porsche-Anlegern muss klar sein: Bezogen auf Einfluss oder gar Macht müssen sie sich ganz hinten anstellen.

Jürgen Dunsch, Wirtschaftsjournalist

Porsche war schon einmal, ab 1984 an der Börse. 2008 versuchte der umtriebige Vorstandschef Wendelin Wiedeking, der keinem Streit aus dem Weg ging, den Autoriesen Volkswagen im Handstreich zu übernehmen. Im Sog der Finanzkrise ging ihm jedoch das Geld aus. Am Ende war es genau umgekehrt: Volkswagen unter dem nicht minder trickreichen Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch übernahm Porsche, und die Familien erhielten VW-Aktien. Aber ihr Selbstverständnis war stets ein anderes. «Aus Sicht der Familie war Volkswagen ein Baby von Porsche, das auch nach Porsche hätte benannt werden sollen», umschreibt der Historiker Wolfram Pyta, der ein Buch über das Unternehmen geschrieben hat, die Gemütslage. VW, das ist Grösse und Masse. Porsche, das ist Glanz und Technik.

Pflegeleichte Mitstreiter
So gesehen rückt die edle Autoschmiede, deren Aufsichtsrat Wolfgang Porsche leitet, mit dem Börsengang paradoxerweise ein weiteres Stück in Richtung Familienunternehmen. Die Familien Porsche und Piëch erwerben mit Stammaktien eine Sperrminorität. Für die Börse bleiben nur stimmrechtslose Vorzugsaktien. Zwar erhält Porsche mit dem Scheichtum Qatar einen weiteren Grossaktionär. Daneben gibt es weitere Interessenten für grössere Aktienpakete. Doch die Scheichs haben bei VW schon bewiesen, dass sie trotz 17 Prozent Stammaktien ausgesprochen pflegeleicht sind. Den machtbewussten Familienstämmen mit ihren vielen Mitgliedern ist es über die Massen wichtig, wieder direkt an Porsche beteiligt zu sein. Damit ist die jetzt gewählte Eigentümerstruktur wohl auf viele Jahre zementiert und sind zum Beispiel Dividendenrenditen im Zweifel weniger wichtig als die Einflussmöglichkeiten. Auszahlen kann sich das gleichwohl. Der Aufpreis von 7,5 Prozent, den die Porsche-Nachkommen für die Stimmrechtsaktien gegenüber den Vorzugspapieren zahlen, gilt zum Beispiel Kritikern als klar zu niedrig. Den externen Aktionären bleibt nur die Hoffnung auf weiterhin glanzvolle Porsche-Verkäufe. Dass die Weisungsbefugnis von Volkswagen mit dem IPO wegfällt, ist da ein schwacher Trost.

Der Aufpreis von 7,5 Prozent, den die Porsche-Nachkommen für die Stimmrechtsaktien gegenüber den Vorzugspapieren zahlen, gilt Kritikern als klar zu niedrig.

Jürgen Dunsch

Wenn die börsennotierte Porsche AG auf absehbare Zeit nicht in den Blue-Chip-Index Dax 40 der deutschen Börse gelangen sollte, haben Anleger dort wie bisher die Wahl zwischen zwei indirekten Beteiligungen an dem Sportwagenhersteller. Sie können sich in der Holding der Familien Porsche und Piëch namens Porsche Automobil Holding SE (PAH) engagieren, oder sich an der Volkswagen AG beteiligen. Volkswagen bleibt ja die Muttergesellschaft der Porsche AG, PAH wiederum verfügt über 53,3 Prozent der VW-Stammaktien und künftig über die 25 Prozent plus einer Aktie direkt an Porsche. Doch Vorsicht, auch hier wiederholt sich das bekannte Muster. Im marktgängigen Dax 40 sind von VW und PAH nur stimmrechtslose Vorzugsaktien zu haben.

Hauptbildnachweis: Porsche AG