Investierende sollten ihre Anlagestrategien überdenken

Weltweit werden Anleger wegen der neuen wirtschaftlichen Ausgangslage, der anhaltenden hohen Inflation und geopolitischer Unsicherheit gezwungen, ihre Anlagestrategien neu zu bewerten. Das ist eines der Ergebnisse der Schroders Global Investor Study 2023.

Die Studie, bei der mehr als 23’000 Personen befragt werden, die aus 33 Standorten weltweit investieren, hat ergeben, dass beinahe 80% der Anlegenden nun glauben, dass wir uns aufgrund höherer Inflation und Zinsen in einer neuen Ära der Politik und des Marktverhaltens befinden. In der Schweiz sehen das beinahe drei von vier Befragten so.

Dieses Ergebnis steht im starken Kontrast zu den Studienbefunden des letzten Jahres, als einige Befragte die Marktherausforderungen als vorübergehend betrachteten und eine schnelle Rückkehr zum günstigeren, niedrigen Inflations- und Zinsumfeld prognostizierten. Als Folge des neuen Regimes an den Finanzmärkten haben bereits mehr als die Hälfte ihre Anlagestrategien angepasst und ein Drittel beabsichtigt dies zu tun. Die Studie zeigt weiter, dass Personen, die sich als «Experte» bezüglich Anlagewissen einstuften, am schnellsten auf die Veränderungen reagierten, wobei 77% ihre Anlagestrategie bereits angepasst haben, während mehr als ein Drittel (37%), die sich als «Anfänger» betrachten, dass noch nicht taten.

Hohe Renditeerwartungen
Die überwiegende Mehrheit der Investierenden weltweit bleibt zuversichtlich. 92% erwarten, dass die Renditen zumindest so hoch wie letztes Jahr ausfallen werden. Insgesamt sind die Schweizer etwas zurückhaltender, was die Renditeerwartungen anbelangt. Indes gehen erstaunlich hohe 22% davon aus, dass die Renditen dieses Jahr deutlich höher sein werden wie letztes Jahr. Auffallend ist, dass die Mehrheit der Anleger in den kommenden fünf Jahren jährliche Renditen von 11,5% erwartet. Die südafrikanischen Anleger sind am optimistischsten und prognostizieren eine Rendite von 16,8%. Dieser Wert liegt deutlich über der annualisierten Rendite von 9,46% des MSCI World Index globaler Aktien in der Periode von Anfang 1987 und September 2023. Auch bei den Renditeerwartungen sind die Schweizer weniger euphorisch als andere Nationen und erwarten mit durchschnittlich 9,8% eine leicht höhere jährliche Rendite als der MSCI World in der Vergangenheit tatsächlich erzielt hat. Adrian Nösberger, CEO Schroder & Co Bank fasst zusammen: «In einer Investitionslandschaft, die zunehmend von den '3Ds' der Deglobalisierung, Dekarbonisierung und Demografie geprägt ist, gewöhnen sich Anleger erst noch an die Tatsache, dass höhere Inflation und höhere Zinsen gekommen sind, um zu bleiben. Im Vergleich zu den vergangenen 15 Jahren müssen Investoren möglicherweise flexibler und aktiver in der Art und Weise sein, wie Sie Gelder anlegen. Die Ergebnisse unserer Studie zeigen, dass sich einige schneller als andere anpassen.“

Credit Suisse-Niedergang wird als nicht bedrohlich wahrgenommen
Die Studie untersuchte auch zwei spezifische Schweizer Fragen – erstens wie das internationale Geschäft der neuen Mega-Bank UBS wahrgenommen wird und zweitens wie sich die nicht unumstrittene Politik der Schweizer Regierung in Zukunft auf die Reputation des Finanzplatzes auswirken wird. 85% sehen das internationale Geschäft der UBS gestärkt, negative Folgen erwarten 10% und sehr negative Folgen sogar nur 3% der Befragten. Bei den 71+ Jährigen ist die Zuversicht am höchsten. 50% erwarten durch die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS sehr positive Effekte für die Wahrnehmung des internationalen Geschäfts der UBS. Und auch ein Reputationsschaden für den helvetischen Finanzplatz wird nicht erwartet. Mehr als die Hälfte (54%) ist sogar positiv bis sehr positiv gestimmt, was die Zukunft des Finanzplatzes anbelangt. Am pessimistischen ist die Alterskohorte der 38- bis 50-Jährigen. Jeder zehnte geht von einem sehr negativen Effekt für den Finanzplatz aus.

Private Assets und Nachhaltigkeit
Wenn die Resultate der Studie im Detail betrachtet werden, fällt auf, dass zwei Drittel der Anlegergemeinde immer noch nur begrenzte Kenntnisse über Private Assets haben. Das deutet darauf hin, dass mehr Bildung und Wissenstransfer erforderlich sind, um mehr Investoren für die Anlageklasse zu begeistern.

Darüber hinaus betonten zwei Drittel der Schweizer Anleger (66%), dass die illiquide Natur dieser Vermögenswerte und die erforderliche längere Halteperiode als Barriere für Investitionen wirken. In der Schweiz wird besonders die Intransparenz von Private Assets als Hemmnis angesehen (72%). Dennoch gaben die Anlegenden im Durchschnitt an, dass sie bereit wären, 16,4% ihrer Gelder in Private Assets zu investieren. Bei den «Experten» beträgt dieser Anteil 23,1%. Und beinahe ein Drittel (27%) ist daran interessiert, in Private Equity zu investieren, wenn es um Private Assets geht.

Immobilien sind die zweitbeliebtesten Private Assets, während Infrastruktur und erneuerbare Energien an dritter Stelle rangieren. In der Schweiz sieht die Rangfolge etwas anders aus. Immobilien (31%) sind am beliebtesten, gefolgt von Private Equity (27%) und Infrastruktur und erneuerbare Energien (26%). Insgesamt werden Private Assets als wichtiges Diversifizierungsinstrument und als Mittel zur Steigerung der Portfolioperformance von mehr als der Hälfte der Befragten (jeweils 51% und 56%) angesehen. Die Schweizerinnen und Schweizer schätzen das in etwa gleich ein (jeweils 53% und 52%).

Andreas Markwalder, CEO, Schroder Investment Management Schweiz, erklärt: «Vor einigen Jahren wäre ein typischer Private Assets Investor das gewesen, was Vermögensverwalter als 'institutionelle Kunden' bezeichnen. Das sind grosse Anleger wie Pensionskassen und Stiftungsfonds. Wie die diesjährige Global Investor Study nun aber zeigt, wird sich das Bild in den kommenden Jahren wahrscheinlich stark verändern. Die Möglichkeiten, in Private Assets zu investieren, werden breiter und kleinere Anleger nehmen das zur Kenntnis. Wir sind überzeugt, dass dies eine sehr positive Entwicklung ist und wir glauben auch, dass die Argumentation für eine Allokation in Private Assets – wo angebracht – stärker denn je ist.» Und wie sieht es mit dem nachhaltigen Investieren aus. Hat sich der Blick der Investorinnen und Investoren gegenüber den vergangenen Jahren verändert? Nicht allzu sehr. Nur ein Drittel der Anlegenden (34%) denkt, dass nachhaltige Fonds höhere Renditen bieten werden als klassische Anlagelösungen. Die Schweizer sind auch in dieser Frage etwas zurückhaltender in der Einschätzung als die Befragten in anderen Ländern. Immerhin 30% hoffen auf höhere Renditen durch nachhaltige Fondslösungen. Ein Schlüsselelement des nachhaltigen Investierens ist die sogenannte Active Ownership - die direkte Auseinandersetzung mit Unternehmen, um Geschäftsergebnisse zu verbessern und letztendlich die Investitionsrenditen zu unterstützen. Die überwiegende Mehrheit der Befragten (83%) anerkennt und unterstützt das Konzept der Active Ownership, wobei diese Haltung unter erfahrenen Anlegern respektive Experten zunehmend an Stärke gewinnt. Bei den Schweizer Experten waren 57% dieser Ansicht. Unter den Anfängern ist der Begriff Active Ownership noch unbekannt. Keine Person aus der Schweiz glaubt, dass Active Ownership effektiv ist.

Die detaillierte «Global Investor Study» von Schroders findet sich hier.

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