Anlagestrategie nach relativer Stärke oder einfacher ausgedrückt: Kaufe, was gut läuft

Europäische Aktien entwickelten sich in diesem Jahr bislang positiv. Einige Aktien legten dabei besonders stark an Wert zu. Mit einer Anlagestrategie nach relativer Stärke haben Anleger ein einfaches, aber attraktives Instrument für die Suche nach solchen Titeln.

Einzelne Aktien können eine deutlich höhere Rendite erzielen als ein ETF oder ein aktiver Anlagefonds. Die Selektion von herausragenden Aktien ist allerdings anspruchsvoll. Eine interessante Methode zur Wahl der chancenreichen Aktien folgt dem Prinzip «Kaufe, was gut läuft». Es baut darauf, dass Aktien mit starker Entwicklung in jüngster Vergangenheit meist auch in näherer Zukunft eine gute Rendite erzielen werden. Man spricht in diesem Zusammenhang oft davon, dass solche Aktien Momentum haben oder eine relative Stärke gegenüber anderen Aktien aufweisen.

Wer nach dem Prinzip der relativen Stärke investiert, kauft Aktien, die sich in jüngster Vergangenheit stark entwickelten. Und er meidet Aktien, die jüngst eine schlechte Rendite erzielten.

VermögensZentrum (VZ)

Für den Aufbau eines Aktienportfolios nach dem Prinzip «Kaufe, was gut läuft» empfehlen die Experten des VermögensZentrum (VZ) folgendes Vorgehen:

Schritt 1: Anlageuniversum definieren
Der Anleger hält fest, welche Gruppe von Aktien für die Titelwahl mit dem stärksten Momentum zur Verfügung stehen soll. Dieses sogenannte Anlageuniversum kann beispielsweise einem Aktienindex entsprechen. Indizes mit einer grossen Anzahl Titel wie der Stoxx Europe 600 mit 600 Aktien eignen sich besser als Indizes mit nur wenigen Titeln wie der SMI mit lediglich 20 Aktien. Ein Index mit vielen Aktien enthält in der Regel mehr Titel mit einer hohen relativen Stärke. Der Index und damit das Anlageuniversum kann ein einzelnes Land, eine Region oder die ganze Welt umfassen.

Schritt 2: Titel auswählen
Die relative Stärke lässt sich auf unterschiedliche Arten messen. Eine einfache Variante vergleicht beispielsweise lediglich die Rendite über die letzten zwölf Monate. Erfolgversprechender sind Ansätze, welche die Rendite über verschiedene Zeiträume messen und weitere Eckwerte wie das Risikomass Volatilität analysieren (siehe Grafik und Tabelle weiter unten). Die Regeln dürfen aber nicht zu komplex sein und müssen in unterschiedlichen Marktphasen und mit unterschiedlichen Anlageuniversen zu guten Resultaten führen. Sobald die Regeln festgelegt sind, werden sie nicht mehr geändert. Der Anleger misst nun die relative Stärke aller im Anlageuniversum enthaltenen Titel und erstellt eine Rangliste. Oben stehen die Titel mit dem stärksten Momentum in der jüngsten Vergangenheit, unten jene mit dem schwächsten Momentum. Der Anleger investiert nur in die Titel mit der grössten relativen Stärke. Er kann je nach Renditeziel und Risikotoleranz beispielsweise in drei, in fünf oder in noch mehr Titel investieren. Je weniger Titel er berücksichtigt, desto grösser ist das Renditepotenzial, aber auch das Risiko.

Schritt 3: Titel überwachen
Jedes Momentum ist früher oder später zu Ende. Titel mit aussergewöhnlich erfolgreicher Entwicklung in der Vergangenheit brechen bei einer Korrektur des Gesamtmarktes oft besonders stark ein. Eine strikte und ebenfalls regelbasierte Überwachung des Risikos der Anlage ist daher unumgänglich. Dieses Risikomanagement sollte folgende drei Aspekte berücksichtigen:

  • Regelmässige Aktualisierung der Rangliste
    Der Anleger muss die Rangliste in regelmässigen Abständen, beispielsweise monatlich, aktualisieren. Haben einzelne Titel seit der letzten Erhebung deutlich an Momentum verloren, werden sie verkauft und durch die Titel mit dem aktuell stärksten Momentum ersetzt. Das stellt sicher, dass laufend in die stärksten Titel investiert wird.
  • Risikomanagement auf Titelebene
    Um grosse Verluste aufgrund eines heftigen und schnellen Kurseinbruchs zu verhindern, sollte der Anleger zusätzlich die täglichen Kursänderungen jedes Titels analysieren und die Aktie sofort verkaufen, wenn ihr Kursverlust über einer vordefinierten Schwelle ist.
  • Risikomanagement auf Gesamtmarktebene
    Zusätzlich zur Analyse der einzelnen Aktien empfiehlt sich eine Analyse des Gesamtmarkts, ebenfalls mit regelbasierten Trendmessungen. Der Anleger erkennt damit, ob der Markt in einem Aufwärts- oder in einem Abwärtstrend liegt. Befindet er sich in einer Korrekturphase, sollte der Anleger sämtliche Aktien verkaufen, um seinen Verlust zu begrenzen. In Krisen ist es zu riskant, an einzelnen Aktien festzuhalten.

Die Titel wurden nach diesen Relative-Stärke-Kriterien ausgewählt: Rendite über die letzten sechs Monate in Schweizer Franken, Rendite über die letzten zwölf Monate in Schweizer Franken und Volatilität über die letzten zwölf Monate in Schweizer Franken (inklusive Dividenden). Alle Kriterien werden gleich gewichtet. Universum: Stoxx Europe 600 mit einer freien Marktkapitalisierung von mindestens 5 Milliarden Schweizer Franken. Für aussagekräftigere Ranglisten sollten weitere Kriterien wie andere Renditezeiträume oder Risikokennzahlen hinzugezogen werden. Stand: 13. September 2021.

Die fünf Titel mit dem besten Momentum in den letzten Monaten

Die fünf Titel aus dem Stoxx Europe 600 mit der besten Platzierung im Relative-Stärke-Ranking gemäss den weiter oben im Text beschriebenen Kriterien (in CHF, per 13. September 2021).
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