Erneute Wertberichtigung im Kreditbuch von Julius Bär kostet Chief Risk Officer Oliver Bartholet den Kopf
Julius Bär kommt auch unter der neuen Führung von CEO Stefan Bollinger nicht zur Ruhe. Nur wenige Tage vor dem angekündigten Strategie-Update sieht sich die Zürcher Privatbank veranlasst, eine erneute Wertberichtigung in ihrem Kreditbuch – diesmal über 130 Millionen Franken – bekanntzugeben.
Das war wohl ein Abschreiber zuviel. Die neuerliche Wertberichtigung im Kreditbuch von Julius Bär über 130 Millionen Franken kostet den Chief Risk Officer Oliver Bartholet nun den Kopf. Und sie wirft Fragen auf: Wie kann es sein, dass nach dem Benko-Kreditdebakel erst jetzt weitere, faule Kredite im dreistelligen Millionenbereich identifiziert werden? Wie ist es um das Judgement von CEO Stefan Bolliger bestellt, der Oliver Bartholet trotz dessen offensichtlicher Verwicklung in das Benko-Kreditdebakel in seine neue Geschäftsleitung berufen hat – um ihn jetzt doch zu feuern? Inwieweit ist Evangelia (Evie) Kostakis, ihres Zeichens Chief Financial Officer der Bank, und ebenfalls in der Benko-Affäre vorbelastet, noch tragbar? Fragen über Fragen, die Stefan Bollinger in Bedrängnis bringen dürften, obwohl von ihm in ein paar Tagen ein strategischer Befreiungsschlag erwartet wird, der mutmasslich ausbleiben dürfte.
KonfuziusWenn du die Absicht hast, dich zu erneuern, tu es jeden Tag.
Was genau ist passiert? Im Rahmen einer «gezielten Überprüfungen» und einer «umfassendende Analyse» des Kreditportfolios hat Julius Bär offenbar weitere faule Kredite identifiziert. Vor diesem Hintergrund wurden Wertberichtigungen für ausgewählte Positionen sowohl im Hypothekenbuch als auch im Private-Debt-Portfolio erhöht. Insgesamt ergibt sich daraus ein Nettoaufwand von 130 Millionen Franken, der sich negativ auf das Ergebnis auswirken wird. Branchenbeobachter reiben sich die Augen. Wie kann es sein, dass nach dem Benko-Kreditdebakel, nun erneut faule Kredite ausgemacht wurden. Haben die Verantwortlichen unter dem Aufarbeitungsdruck der Benko-Affäre nicht genau hin- oder bewusst weggeschaut? Julius Bär spricht in diesem Zusammenhang von «strengeren Massstäben» die an die Kreditqualität sowie an die Tiefe der Kundenbeziehung im Wealth Management angelegt worden seien. Etwas spät, könnten Kritiker einwenden. Vielleicht will die Privatbank damit auch dem angekündigten Enforcement-Verfahren der Finma im Zusammenhang mit dem Private-Debt-Geschäft zuvorkommen, was wiederum auf eine eher bescheidene Lernkurve aus der jüngsten Vergangenheit hindeuten könnte.
So oder so, die neuerliche Wertberichtigung kommt zur Unzeit und dürfte als Indiz gewertet werden, dass CEO Stefan Bollinger noch einen langen Weg vor sich hat, wenn es darum geht, Julius Bär von Innen heraus zu erneuern und die Bank wieder auf Kurs zu bringen.