Mission Impossible für Stefan Bollinger?

Unschöne Wertberichtigungen, fragwürdige Kontobeziehungen und hochriskante Finanzprodukte: Julius Bär kommt derzeit nicht aus den medialen Schlagzeilen. Verfügt Stefan Bollinger über die Kraft und das Geschick, um die Zürcher Privatbank wieder in ruhige Gewässer zu navigieren?

So hat sich Stefan Bollinger, seines Zeichens CEO und Hoffnungsträger von Julius Bär, seinen neuen Job wohl nicht vorgestellt. Kaum im Amt muss er nur wenige Tage vor einem angekündigten Strategie-Update eine unschöne Wertberechtigung über 130 Millionen Franken im Kreditbuch der Zürcher Privatbank vermelden und seinen eben erst in der Geschäftsleitung bestätigten Chief Risk Officer feuern. Wenig später sieht sich Julius Bär mit einer Whistleblower-Meldung konfrontiert, die eine inzwischen offenbar aufgelöste Kundenbeziehung mit einem Familienmitglied des russischen Aussenministers öffentlich macht. Und last but not least sollen auch die «Bären» ihren Kunden hochspekulative, gehebelte Devisen-Derivate, die sich als Rohrkrepierer erwiesen haben, verkauft haben.

Man muss das Unmögliche versuchen, um das Mögliche zu erreichen.

Hermann Hesse

In der Summe offenbart sich ein gefährliches Risikoverständnis, welches Branchenbeobachter erschauern lässt und irgendwie an die Credit Suisse erinnert. Gleichzeitig zeigt sich, welche Herkulesaufgabe Stefan Bollinger zu bewältigen hat. Klar ist, dass sich Julius Bär keine weiteren Skandale mehr leisten kann. Richtig ist auch, dass Stefan Bollinger nach wie vor unbelastet ist und im Wesentlichen Altlasten bereinigt, für die er nie in der Verantwortung stand. Eine undankbare Aufgabe. Mit der Finma im Nacken muss er zudem aus eigenem Interesse allfällig weitere, toxische Elemente innerhalb der Bank neutralisieren und gleichzeitig ein deutlich nachhaltigeres Geschäftsmodell etablieren. Erste wichtige Impulse werden von ihm am 3. Juni 2025, anlässlich des angekündigten Strategie-Updates, erwartet. Allerdings sind bereits skeptische Stimmen zu hören, die ihm einen strategischen Befreiungsschlag absprechen. Er wäre nicht der erste CEO von Julius Bär, der an den grossen Herausforderungen, die das Amt beinhaltet, scheitert. Vielleicht zählt er aber auch zu den Bankmanagern, die an schwierigen Aufgaben wachsen. Für ein abschliessendes Urteil ist es noch zu früh. Stefan Bollinger wird sich in den kommenden Wochen und Monaten an seinen Taten und an harten Zahlen messen lassen müssen. Wenn es ihm gelingt, das Steuer herumzureissen, dürften alle Kritiker verstummen. Sollte Julius Bär unter seiner Führung aber weiterhin negative Schlagzeilen machen, kann er keine Milde erwarten.