Weltbank – stärkerer Fokus auf Klimafinanzierung

Mit der Wahl von Ajay Banga zum neuen Präsidenten der Weltbankgruppe Anfang dieses Monats bietet sich nun womöglich die Chance, drängende globale Probleme wie die zunehmende extreme Armut in immer mehr Regionen der Welt anzugehen.

US-Finanzministerin Janet Yellen hatte bereits in ihrer Erklärung zur Wahl von Banga betont, dass seine Erfolge bei der Bildung von Partnerschaften zwischen öffentlichem und privatem Sektor sowie gemeinnützigen Organisationen ihn dazu befähigen, privates Kapital zu mobilisieren und auf Reformen zu drängen. Banga verstehe die Herausforderungen insbesondre in den Schwellen- und Entwicklungsländern, angefangen bei der Bekämpfung des Klimawandels, bis hin zur Beseitigung extremer Armut. Er selbst hatte im April dieses Jahres erklärt, dass die Weltbank das Risiko von Klimainvestitionen in Entwicklungsländern verringern oder beseitigen müsse, damit der Privatsektor in grösserem Umfang investieren kann. Banga wurde in Indien geboren und ist Finanz- und Entwicklungsexperte sowie ehemaliger CEO von Mastercard.

Im Rahmen der Finanzierungsoperationen der Weltbank könnte sich nun eine Schwerpunktverlagerung abzeichnen. Der Klimawandel könnte in den Mittelpunkt der Kreditvergabestrategie für Länder mit niedrigem oder mittlerem Einkommen rücken. Das wäre u.a. eine Antwort auf seit längerem geforderte Reformen mit Berücksichtigung der Ziele des Pariser Klimaabkommens.

Um die Auswirkungen des Klimawandels tatsächlich abzuschwächen und Treibhausgasemissionen zu verringern, müssten sich die jährlichen, globalen klimaspezifischen Investitionen bis 2030 verglichen mit den Investitionen von 2021 mehr als verzehnfachen.

Michael Lewis, Head of ESG Research, DWS

Schwellen- und Entwicklungsländer sind von zentraler Bedeutung für die CO2-Reduktion und damit die Erfüllung des Pariser Abkommens. Diese Länder – allen voran China und Indien – waren im letzten Jahrzehnt für mehr als 95 Prozent des Anstiegs der Treibhausgasemissionen verantwortlich. Bis zum Ende dieses Jahrzehnts werden zusätzlich etwa 98 Prozent des weltweiten Bevölkerungswachstums auf sie entfallen. Dennoch haben sie nach wie vor Schwierigkeiten ausreichende Klimafinanzierungen zu erhalten. So betragen beispielsweise die Pro-Kopf-Investitionen in saubere Energie in den Schwellen- und Entwicklungsländern (ohne China) weniger als ein Zehntel dessen, was in den Industrieländern investiert wird. Die zehn Schwellen- und Entwicklungsländer mit den höchsten CO2-Emissionen, auf die zwei Drittel der gesamten Emissionen in diesen Ländern entfallen, erhielten zwischen 2016 und 2020 nur ein Viertel der gesamten Finanzmittel für Klimaschutzmassnahmen. Das hatte zur Folge, dass ihre Bemühungen zur Anpassung an den Klimawandel oder zur Abschwächung seiner Folgen nicht so schnell und effektiv vorankamen, wie sie eigentlich sollten.

Um die Auswirkungen des Klimawandels tatsächlich abzuschwächen und Treibhausgasemissionen zu verringern, müssten sich die jährlichen, globalen klimaspezifischen Investitionen nach Schätzungen der CPI8 bis 2030 verglichen mit den Investitionen von 2021 mehr als verzehnfachen. Allein die Investitionen in die Energieinfrastruktur von Schwellen- und Entwicklungsländern müsste demzufolge bis 2030 mindestens eine Billion US-Dollar betragen.

Aus unserer Sicht sind allerdings noch weitere Schritte erforderlich, um das Klimafinanzierungsumfeld zu verbessern, mehr Kapital aus dem Privatsektor zu gewinnen und die Lücke in der Finanzierung von entsprechenden Investitionen in Entwicklungsländern zu schliessen.

  1. Einführung von Klima-Taxonomien und einer klimabezogenen Berichterstattung und Offenlegung zum besseren Verständnis der Klimarisiken von Emittenten auf Entwicklungs- und Schwellenländer
  2. Nutzung von Bilanzen des öffentlichen Sektors zur Verringerung des Investitionsrisikos für Investoren aus dem Privatsektor
  3. Abschaffung der Subventionen für fossile Brennstoffe und Einführung einer angemessenen Kohlenstoff-Bepreisung

Wir erachten es vor allem aus zwei Gründen für sehr wichtig, dass der neue Weltbankpräsident das Thema Klimafinanzierung in Entwicklungs- und Schwellenländern ganz oben auf die Agenda setzt. Zum einen gehen immer mehr dieser Länder Netto-Null-Verpflichtungen ein und zum anderen ist die Klimafinanzierung und insbesondere Investitionen aus dem Privatsektor ein wichtiger Massstab für die Erhebung der Fortschritte bei der Abmilderung des Klimawandels.

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