Und immer wieder der Franken

Der Franken ist seit Mitte September gegenüber den grossen Währungen teurer geworden. Der Euro ist von 1.09 auf 1.06 gesunken. Der US-Dollar hat innert kurzer Zeit zwei Rappen von 0.935 auf 0.915 verloren.

Das Pfund verlor etwas weniger von 1.28 auf 1.26 während der Yen mit einem Rückgang von 0.85 auf 0.80 Franken deutlicher an Wert einbüsste. Das sind keine grossen Bewegungen. Dennoch haben sie das Scheinwerferlicht einmal mehr auf den Franken gerichtet und zu vielerlei Erklärungsversuchen und Spekulationen Anlass gegeben.

Die Aufwertung des Frankens in den letzten Wochen sollte man nicht überinterpretieren und überbewerten.

Thomas Stucki, CIO St.Galler Kantonalbank

Eine naheliegende Erklärung ist, dass die Inflation in der Schweiz weniger stark gestiegen ist als in der Eurozone und in den USA. In der Tat liegt die Inflationsrate hierzulande bei tiefen 0.9%. Sie ist im Vergleich zu Anfang Jahr zwar 1.7% höher, aber immer noch tiefer als 2018, als die Inflationsrate bei 1.1% stand. Demgegenüber ist die US-Inflation auf hohe 5.4% emporgeschnellt, 4% mehr als zu Jahresbeginn. In der Eurozone steigt die Inflationsrate ebenfalls steil an und ist nun bei 3.4% angelangt.

Inflationsunterschiede
Gemäss der relativen Kaufkraftparität wertet sich die Währung mit der höheren Inflation gegenüber der Währung mit der tieferen Inflation, also dem Franken, ab. Soweit so gut. Dennoch taugt sie für die Erklärung der kurzfristigen Aufwertung des Frankens nur bedingt. Die relative Kaufkraftparität funktioniert auf die lange Dauer recht gut. So stimmt die langfristige Abwertung des US-Dollars gegenüber dem Franken gut mit der durchschnittlichen Inflationsdifferenz zwischen den USA und der Schweiz überein. Kurzfristig weichen die Devisenkurse aber oft stark von ihrer Kaufkraftparität ab. Zudem dürfte der Unterschied zwischen der Inflation in der Schweiz und den anderen Ländern im nächsten Jahr wieder kleiner werden, wenn temporäre Faktoren wie die Mehrwertsteuererhöhung in Deutschland nach Corona wieder aus der Inflationsberechnung herausfallen.

Einen rechten Anteil an Schweizer Franken im Portfolio zu halten macht aus Sicherheitsüberlegungen absolut Sinn.

Thomas Stucki

Ein zweites Argument geht in die gleiche Richtung. Durch den starken Anstieg der Inflation sind die Realzinsen beim US-Dollar und beim Euro unter die Realzinsen für Franken-Anlagen gesunken. Die Anleger wollen in Franken investieren, weil sie unter Berücksichtigung der Inflation mehr verdienen, beziehungsweise weniger verlieren, als anderswo. Auch diese Argumentation hinkt. Die wenigsten Anleger denken in realen Werten. Wichtiger sind für sie die nominellen Zinsen und diese sind zumindest in den USA deutlich höher als in der Schweiz. Zudem leidet ein in Deutschland ansässiger Investor unter dem Kaufkraftverlust des Euro in Deutschland, auch wenn er in Franken investiert ist. Die Rechnung geht somit nur auf, wenn der Franken zum Euro stetig teurer wird.

Franken immer wieder gesucht
Eine weitere Erklärung bringt die SNB ins Spiel. Damit die Inflation in der Schweiz nicht zu stark steigt und den Auftrag der SNB zur Erhaltung der Preisstabilität nicht gefährdet, sei die SNB an einer Aufwertung des Frankens interessiert. Wird der Franken zum US-Dollar teurer, wirken sich beispielsweise die höheren Erdölpreise in der Schweiz weniger stark aus. Dass die SNB bei einer Inflationsrate um 1% einer Aufwertung des Frankens gelassener gegenübersteht als bei einer Nullinflation, dürfte richtig sein. Dennoch hat die SNB kurz nach der Corona-Rezession kein Interesse an einer schnellen Aufwertung des Frankens, welche die Schweizer Wirtschaft belastet. Ansonsten würde sie nicht bei jeder Gelegen-heit betonen, dass sie sich einer Aufwertung des Frankens mit Interventionen im Devisenmarkt entgegenstellen wird, und das effektiv auch macht.

Die Aufwertung des Frankens in den letzten Wochen sollte man nicht überinterpretieren und überbewerten. Sie zeigt aber einmal mehr, dass der Franken immer wieder gesucht wird, wenn in der wirtschaftlichen oder politischen Welt dunkle Wolken aufziehen. Einen rechten Anteil an Schweizer Franken im Portfolio zu halten macht aus Sicherheitsüberlegungen absolut Sinn.

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