Die Credit Suisse im Tal der Tränen
Nach dem Greensill-Debakel wartet die Credit Suisse jetzt mit einer weiteren Hiobsbotschaft auf. Der Zahlungsausfall eines US-Hedgefonds namens Archegos Capital wirft neue unschöne Fragen auf und dürfte den Verantwortlichen schlaflose Nächte bereiten, zumal die Grossbank das Ereignis selber als «sehr bedeutend und wesentlich» bezeichnet und damit weitere, erhebliche Verluste ankündigt.
Thomas Gottstein, seines Zeichens CEO der Credit Suisse, ist derzeit wahrlich nicht zu beneiden. Eine Super-Krise jagt die nächste. Nach erwarteten Verlusten für die Anleger von bis zu drei Milliarden US-Dollar aus der Causa Greensill könnte die nunmehr bekanntgegebene US-Hedgefondspleite von Archegos Capital ähnliche Ausmasse für die Credit Suisse annehmen. Im Asset Management wurden im Nachgang an das Greensill-Debakel zwar personelle Konsequenzen gezogen. In Bezug auf die variablen Manager-Entschädigungen in der gleichen Sache, sprich den Bonuszahlungen, lässt die Credit Suisse in ihrem Geschäftsbericht hingegen eher vage verlauten, dass «der Vergütungsausschuss die Entwicklungen genau beobachtet und, gestützt auf entsprechende Untersuchungsergebnisse, geeignete zu ergreifende Massnahmen festlegen wird. Dazu zählen die Anwendung der bestehenden Malus- und Rückforderungsbestimmungen der Gruppe für variable Vergütungen. Die Auszahlung und Übertragung der variablen Vergütungen einer Reihe von leitenden Mitarbeitenden, die in diese Angelegenheiten involviert sind, bis hin zu Geschäftsleitungsmitgliedern, wurden gemäss diesen Angaben suspendiert. Diese Massnahme soll sicherstellen, dass wir die variable Vergütung für 2020 neu überprüfen und bei Bedarf Malus- oder Rückforderungsbestimmungen zur Anwendung bringen können.»
Auszug aus dem Geschäftsbericht der Credit Suisse Group in der Causa GreensillDie Auszahlung und Übertragung der variablen Vergütungen einer Reihe von leitenden Mitarbeitenden, die in diese Angelegenheiten involviert sind, bis hin zu Geschäftsleitungsmitgliedern, wurden suspendiert.
Offenbar nicht zur Disposition steht die Vergütung der Verwaltungsräte der Credit Suisse, die sich trotz des beträchtlichen Wertverlustes der CS-Aktie in den vergangenen Jahren und im Lichte der jüngsten, materiellen Verluste (namentlich im Vergleich zum Vorjahr) unverändert grosszügig schadlos halten und offensichtlich auch in Anbetracht der neuesten Verlustmeldungen keine finanzielle Opferbereitschaft an den Tag legen.
Dafür dürften in einem nächsten öffentlichkeitswirksamen Schritt vermutlich Köpfe im Bereich Risk Management der Grossbank rollen. Wohl auch, um lästigen Fragen hinsichtlich der Verantwortung von Verwaltungsrat und Geschäftsleitung ansatzweise etwas entgegenzusetzen. Es stellt sich überdies spätestens jetzt die Frage, ob CEO Thomas Gottstein noch zu halten ist und ob die Schweizer Bankenaufsicht angesichts der neuesten Vorfälle ein Machtwort spricht – wobei die Wahrscheinlichkeit für letzteres bei 10 Prozent liegt. Für die Angestellten der Credit Suisse, die an weniger exponierten Stellen an der Kundenfront oder im Backoffice jeden Tag ihr Bestes geben, bleibt einmal mehr ein fahler Nachgeschmack ob des mangelnden Urteilsvermögens sowie der exzessiven Bonuspolitik an der Bankspitze. Bei den betroffenen Kunden wohl auch.