Brauchen wir die Inflation für den Schuldenabbau? Nope!

Viele Experten gehen davon aus, dass ein gewisses Mass an Inflation helfen würde, der riesigen Verschuldung beizukommen. Niemand sollte sich jedoch auf diese Lösung verlassen, denn Inflation genau richtig zu managen ist eine Illusion. Zudem ist dies gar nicht nötig.

Die expansive Fiskalpolitik der letzten Jahre hat zu immensen Schuldenbergen geführt, die es irgendwann wieder abzubauen gilt. Parallel dazu haben die Zentralbanken die Geldhähne aufgedreht und mit riesigen Liquiditätszuschüssen die Zinsen in den negativen Bereich gedrückt. Nun wird mehrheitlich erwartet, dass die Zinsen im Zusammenhang mit der erwarteten Inflation mittelfristig angehoben werden.

Das Risiko von Inflation – ob sie nun absichtlich, aufgrund schlechter Beratung oder zufällig als Nebenprodukt eines starken Wachstums auftritt – ist besorgniserregender als die vermeintliche deflationäre Bedrohung, die von den Schulden ausgeht.

Kevin Gardiner, Global Investment Strategist, Rothschild & Co

Doch zahlreiche Experten finden an einem gewissen Mass an Inflation ihren Gefallen. Denn diese könnten die Schuldenberge automatisch reduzieren. Das wäre aber ein gefährliches Spiel, denn Inflation fein zu dosieren ist kaum möglich und daher sehr riskant. Zudem braucht es für die Reduktion der Schuldenberge keine Inflation. Dies aus drei Gründen:

  • Starkes langfristiges Wirtschaftswachstum: Dies führt mit der Zeit zu höheren Steuereinnahmen. Gleichzeitig werden die staatlichen Stützmassnahmenzurückgefahren. Auch werden die Sozialkosten zurückgehen, da das Wachstum viele neue Stellen schafft. Dies alles wird die Staatsbudgets entlasten. Zudem sind heute viele Budget-Forecasts viel zu pessimistisch.
  • Zinskosten: Ein Grossteil der heutigen Schulden sind zu sehr guten nominalen und realen Zinskonditionen über eine längere Zeitdauer fixiert. Wenn die Zinsen also ansteigen – wir erwarten einen langsamen Anstieg – wird sich die Zinslast nur langsam erhöhen. Höhere Zinsen schlagen also nur bei neuen Ausleihungen zu Buche. Letztere verzeichnen aber starke Rückgänge.
  • Die von vielen Experten geäusserte Angst vor Schulden löst ein überzeichnetes Bild aus. Verschuldung führt nicht zu einem Kollaps des Systems. Mangelnde Liquidität würde dies verursachen. Diese ist aber bei weitem nicht in Sicht

Inflation ist also auf keinen Fall die Antwort für das Schuldenproblem. Auch beruhigt uns nicht, wenn die Herde sich zwar von der falschen Angst vor Schulden abwendet und dafür auf die genauso falsche Forderung nach Inflation umschwenkt. Befürworter letzteren Ansatzes sind überzeugt, dass die Schuldenlast einfacher zu bewältigen ist, indem sie dank mehr Inflation real schrumpft. Unbestritten ist, dass wirklich entschlossene Zentralbanken genug Geld drucken könnten, um letztendlich für mehr Inflation (und dauerhaft niedrige Realzinsen) zu sorgen. Doch genau darin liegt das Problem. Denn Inflation kann nicht einfach so feinjustiert und perfekt dosiert werden. Es gibt keine Sicherheit, dass wir genau die richtige Inflationshöhe auslösen können, die es braucht, um die aktuellen Schuldenberge abzutragen. Stattdessen könnte sie ausser Kontrolle geraten und ernsthaften wirtschaftlichen und sozialen Schaden anrichten. Dieser Ansatz ist in etwas so, als würde man sein Haus in Brand setzen, um ein Feuchtigkeitsproblem zu lösen.