Die EZB ist bereit, die Zinsen zu senken – trotz Inflationsanstieg im Mai

Im Prinzip ist alles gesagt: Nahezu jedes Mitglied des EZB-Rates hat sich zu einer möglichen Zinssenkung im Juni geäussert und eine solche befürwortet. Am 6. Juni sollte es also amtlich sein, dass die Europäische Zentralbank (EZB) den Leitzins um 25 Basispunkte auf 3,75 Prozent senken wird.

Viel spannender ist allerdings, wie es weiter gehen wird, denn die EZB ist bereit, die restriktive Geldpolitik wieder zurückzudrehen. Einige Zentralbanker haben dabei weitere schnelle Zinssenkungen im Sinn und könnten sich eine erneute Zinssenkung bereits im Juli vorstellen, während andere eher bremsen und eine langsamere Gangart bevorzugen.

Einige Zentralbanker haben weitere schnelle Zinssenkungen im Sinn und könnten sich eine erneute Zinssenkung bereits im Juli vorstellen.

DWS

Angesichts der immer noch hohen Lohnsteigerungen und eines sehr stabilen Arbeitsmarkts ist dies wohl auch angebracht. Schliesslich hat auch die Veröffentlichung der Inflationsrate im Mai gezeigt, dass der Inflationstrend nicht eindimensional ist. So stiegen die Lebenshaltungskosten im Mai in der Eurozone stärker als erwartet um 2,6 Prozent (April: 2,4 Prozent). Wieder einmal waren es dabei die Dienstleistungspreise, die deutlich nach oben kletterten. Nach 3,7 Prozent im April stiegen sie nun auf 4,1 Prozent im Mai, wodurch auch die Kernrate auf 2,9 Prozent anstieg. Für die kommenden Monate ist mit einer Seitwärtsbewegung in der Inflationsrate zu rechnen. Damit würde der Disinflationstrend der vergangenen Monate pausieren. Gerade vor dem Hintergrund der unsicheren Inflationsentwicklung dürften sich vor allem die Falken durchsetzen und weiter auf Datenabhängigkeit und Entscheidung von Sitzung zu Sitzung drängen. Dies dürfte die Kernbotschaft von EZB-Präsidentin Lagarde bleiben, die gleichzeitig eine Vorfestlegung auf eine weitere Zinssenkung im Juli vermeiden dürfte. Insgesamt bleiben die DWS-Experten bei ihrer Erwartung von drei weiteren Zinssenkungen bis Ende März 2025.

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