Scheitern Fintech-Startups am fehlenden Geld?

In den meisten Rankings ist mangelndes Kapital einer der Top drei Gründe fürs Versagen. Auch im Gespräch mit vor allem jungen Technologie-Startups wird die fehlende Manna oft als grösstes Problem geschildert. Liegt es also am Stutz alleine?

Das mangelnde Kapital ist sicher der erbarmungsloseste Faktor. Speziell gezeigt hat sich dies in der COVID-19 Krise. Ist das Cash versiegt stürzt in der Regel jede hochfliegende Vision schnell ab. Auch ein Startup mit einem Produkt, welches keinen Markt findet, wird Schiffbruch erleiden. Dies ist in den meisten Fällen aber nicht die Ursache, sondern die Folge aus anderen Defiziten. Es lohnt sich also genauer hinzuschauen. Vielen Fintech-Jungunternehmern gelingt es einen Pilotkunden und Finanzierung zu finden, anderen nicht, obwohl sie durchaus ein Produkt vorweisen können, das Marktpotenzial hat. Woran liegt es dann? Die grösste Herausforderung ist ein optimal funktionierendes Team zu formen. Sind die zentralen Rollen nicht oder falsch besetzt, führen die folgenden vier Punkte oft zum Misserfolg.

Falsches Timing
Selbst die richtige Idee, jedoch zum falschen Zeitpunkt, führt über kurz oder lang zum Scheitern. Auch passiert es in Europa oft, dass zu früh auf Kundenakquisition gegangen wird und dies ohne funktionierenden Prototyp. Praktisch niemand auf dem alten Kontinent «kauft» eine Applikation, welche nur als PowerPoint existiert. Genauso führt es fast zwangsläufig ins Leere, wenn Jungunternehmer bereits Finanzierungen von Venture-Capital-Fonds suchen, ohne ein, zumindest initiiertes, Pilotprojekt vorweisen zu können.

Kein plausibler Plan zur Umsatzgenerierung
Häufig wird vom Technologie-Startup in schillernden Farben aufgezeigt, wie gross der potenzielle Markt sei, wieviel Marktanteil man davon gewinnen und wieviel Umsatz und Gewinn man so erzielen könne. Wie dies konkret bewerkstelligt werden soll, bleibt aber meist unerwähnt. Wenn sogar dem Fintech die konkreten Ideen fehlen, dann hat der Risikokapitalgeber bestimmt auch nicht mehr Vorstellungskraft. Ist es einem jungen Firmengründer nicht möglich, glaubhaft aufzuzeigen wie er Umsatzsteigerung, also Traction, generieren will, dann sollte man sich für die Finanzierung vorderhand nur an Friends and Family halten.

Keine Strategie
Trotz überzeugendem Produkt und vielen guten Ideen, fehlen Fintech-Entrepreneurs oft nachvollziehbare Strategien. Vision, Strategie und Action Plan passen oft nicht zusammen. Mehrere Märkte, verschiedene Businessmodelle und die unterschiedlichsten Kunden sollen beinahe parallel angegangen werden. Die Gründer hetzen von einem Fintech Event zum anderen und pitchen ihre Idee allen, die bei drei nicht auf den Bäumen sind. Hier braucht es dringend einen CEO, der klare Prioritäten festlegt und diese auch durchsetzt.

Startup wird durch bestehende Prozesse beim Businesskunden ausgebremst
In der Schweiz und in anderen kleineren Märkten ist ein B2B-Modell zwingend für den Erfolg. Die Fintech-Applikationen sind vielfach brillant. Es gilt jedoch zu beachten, dass die meisten Finanzhäuser im Anlage-, wie auch im Kreditgeschäft eingespielte Prozesse etabliert haben. Das neue Fintech-Puzzlestück schafft für den Finanzdienstleister prima Vista deshalb oft mehr Probleme als Lösungen. Einem Fintech-Gründer muss es deshalb gelingen konkret aufzuzeigen, wo und wie seine Software nutzbringend in den Ablauf der Bank eingebaut werden kann.

Natürlich gibt es noch weitere Faktoren. In der Zusammenarbeit mit Startups zeigt es sich aber, dass es am Schluss oft genau diese Punkte sind, welche über Erfolg oder Misserfolg entscheiden.