Schweizer Marktstudie Nachhaltige Anlagen 2024: Wachstum fällt hinter Marktentwicklung zurück
Das Anlagenvolumen mit Nachhaltigkeitsbezug ist in der Schweiz zwischen 2022 und 2023 von 1'610 Milliarden Franken um 3% auf 1'660 Milliarden Franken angestiegen. Nach dem deutlichen Rückgang der nachhaltigkeitsbezogenen Investments im letzten Jahr, sind diese damit wieder auf einen Wachstumspfad zurückgekehrt, obwohl der Anstieg deutlich geringer ausfiel als die Marktperformance von rund 15% im Jahr 2023. Die Studienautoren führen diesen Unterschied erstens darauf zurück, dass einige Marktteilnehmer ihre Messmethoden für nachhaltigkeits‑bezogene Anlagen verfeinert haben, was insbesondere für Stewardship-Ansätze zu tiefer ausgewiesenen Volumen, geführt haben dürfte. Zweitens gaben einige Marktteilnehmer an, dass sie Anlagen, die nur Ausschlüsse oder ESG-Integration als nachhaltigen Investmentansatz verwenden, nicht mehr berichten. Dank mehr Transparenz zu angewandten Prozessen kommt die Studie zum Schluss, dass der Anteil der nachhaltigkeitsbezogenen Anlagen mit positiver Wirkung deutlich höher liegt als im Vorjahr.
Die «Marktstudie Nachhaltige Anlagen 2024» dokumentiert die Verbreitung von Anlagen, die einen oder mehrere nachhaltige Anlageansätze anwenden. Anhand verschiedener Perspektiven auf das gesamte nachhaltigkeitsbezogene Anlagevolumen schafft die Studie Klarheit über die verschiedenen Qualitäten solcher Anlagen – wohlwissend, dass die Diskussionen um die Begrifflichkeit «nachhaltige Anlagen» sowohl in der Schweiz als auch in der EU noch nicht abgeschlossen sind. Aufgezeigt werden drei Perspektiven: Erstens, wie die Gesamtheit der nachhaltigkeitsbezogenen Anlagen verschiedene Anlageansätzen kombiniert, zweitens: welche Volumina die Definition der AMAS-Selbstregulierung erfüllen und drittens, wie diese auf der Basis der Eurosif-Methodik klassifiziert werden. Letztere unterscheidet vier Kategorien mit einem jeweils unterschiedlichen Ambitionslevel bezüglich Beitrag zu einem nachhaltigen Wandel: Basis-ESG-Investments, fortschrittliche ESG-Investments, wirkungskompatible Investments und wirkungsgenerierende Investments, wobei letztere das höchste Anspruchsniveau haben, zu einer nachhaltigen Transition beizutragen.
Sabine Döbeli, CEO Swiss Sustainable Finance (SSF)Es bleibt abzuwarten, ob die EU-Wahlen im Juni 2024 die Richtung der EU-Klima- und Energiepolitik ändern werden und wie sie die Strategie für nachhaltige Finanzen, einschliesslich der laufenden Überprüfungen der geltenden Vorschriften für nachhaltige Finanzen, beeinflussen werden.
«Nachhaltigkeit» wird enger definiert
«Die diesjährigen Ergebnisse zeigen, dass die Marktteilnehmer auf die laufenden – zuweilen kontroversen – Diskussionen über die Definition nachhaltiger Anlagen reagiert und die Anzahl der verwendeten nachhaltigen Anlageansätze insgesamt erhöht haben», erklärt Sabine Döbeli, CEO von SSF. Dies spiegelt sich auch in einem höheren Anteil nachhaltiger Anlagen gemäss der AMAS-Selbstregulierung wider (90% in diesem Jahr gegenüber 86% im Vorjahr). Die auf der Eurosif-Methodik basierenden Ergebnisse zeigen einen überraschend hohen Anteil an wirkungsgenerierenden Investments (24% aller nachhaltigkeitsbezogenen Volumina). «Dies lässt sich vor allem dadurch erklären, dass immer mehr Marktteilnehmer mehr Transparenz über die konkrete Wirkung ihrer Engagementstrategien geboten haben», erläutert Professor Timo Busch, Uni Hamburg, Co-Autor der Studie. Obwohl in allen drei Perspektiven unterschiedlich dargestellt, zeigen die Ergebnisse, dass die Ausgereiftheit nachhaltiger Anlageansätze im Vergleich zum letzten Jahr zugenommen hat. Dies ist sicher auch auf die anhaltenden Diskussionen darüber zurückzuführen, wann der Begriff «nachhaltige Anlagen» tatsächlich auch gerechtfertigt ist.
Nachhaltige Immobilienanlagen und Green Bonds gewinnen an Bedeutung
Der Beitrag des Immobiliensektors zum Übergang zu einer nachhaltigeren Wirtschaft ist in den Fokus vieler Anleger gerückt, zumal Investoren direkte ökologische und soziale Vorteile mit den Renditeerwartungen an ihre Immobilienportfolios verbinden können. Die meisten Befragten mit Immobilienanlagen erheben Daten zu den von der AMAS im Jahr 2022 veröffentlichten Umweltindikatoren für Immobilienfonds. «Dies erhöht die Transparenz zur Klimaverträglichkeit von Immobilienanlagen und ist eine wichtige Basis für die Entwicklung von glaubwürdigen Nettonullstrategien für diese Anlageklasse», erklärt Hendrik Kimmerle, Co-Autor der Studie. Auf globaler Ebene haben nachhaltigkeitsbezogene Fremdkapitalinvestitionen – z.B. grüne, soziale, nachhaltige und sustainability-linked Anleihen – in den letzten Jahren erheblich zugenommen. Die Marktstudie zeigt, dass 64% aller Befragten in solche Instrumente investiert haben, was einen leichten Anstieg gegenüber dem letztjährigen Anteil von 61% bedeutet. Ein separater Beitrag beleuchtet den Schweizer Markt für Anleihen mit Nachhaltigkeitsbezug und die identifizierten Hindernisse für weiteres Wachstum.
Nach wie vor keine verbindlichen Regulierungsvorschriften in der Schweiz
Das Schweizer Parlament und der Bundesrat haben ihre Aktivitäten zur Umsetzung des Pariser Klimaabkommens in nationales Recht intensiviert. Die neuen Rechtsvorschriften gelten für die gesamte Wirtschaft und tragen dazu bei, dass die Schweizer Energiewende gelingt. In Bezug auf den Finanzsektor ist die schweizerische Regulierungslandschaft jedoch insgesamt noch fragmentiert und bietet keine verbindlichen nachhaltigkeitsbezogenen Regulierungsvorschriften, die für Institutionen und Produkte in allen Bereichen des Finanzsektors gelten. Die sich ständig weiterentwickelnde EU-Regulierung zu Sustainable Finance ist Teil des Massnahmenpakets zum Aufbau einer grünen Wirtschaft und zur Festlegung internationaler Standards. «Es bleibt abzuwarten, ob die EU-Wahlen im Juni 2024 die Richtung der EU-Klima- und Energiepolitik ändern werden und wie sie die Strategie für nachhaltige Finanzen, einschliesslich der laufenden Überprüfungen der geltenden Vorschriften für nachhaltige Finanzen, beeinflussen werden», kommentiert Sabine Döbeli.
Die detaillierte «Marktstudie Nachhaltige Anlagen 2024» von Swiss Sustainable Finance (SSF) findet sich hier.