Anleiheinvestments: Renditen mitnehmen, bevor Zinsen fallen
An den Anleihenmärkten ist das Ertragspotenzial, angesichts gestiegener Zinsen, so hoch wie seit mehr als zwei Jahrzehnten nicht mehr. Allerdings nähern sich viele Zentralbanken allmählich dem Ende ihre Zinserhöhungszyklus und Zinssenkungen rücken wieder in den Bereich des Möglichen.
Vor diesem Hintergrund empfehlen sich vier Strategien, die Anleiheinvestoren verfolgen können, um Chancen im aktuellen Umfeld am besten zu nutzen.
- Attraktive Renditen mitnehmen, bevor die Zinsen fallen
Der Anstieg der Zinssätze hat an den Anleihemärkten viele Wege zu einem hohen Ertrags- und Rendite-Potenzial eröffnet. Der Weg hierher war zwar schmerzhaft, aber Anleihen bieten Anlegern mittlerweile grossartiges Ertragspotenzial. Eine strategische Allokation in Sektoren mit höheren Erträgen können dazu beitragen, das langfristige Rendite-Potenzial zu erhöhen, und dies bei deutlich geringerer Volatilität als bei einem Aktieninvestment. Zu den ertragsstärkeren Sektoren zählen Unternehmensanleihen mit Investment-Grade-Rating, Hochzinsanleihen, Schwellenländeranleihen und verbriefte Schuldtitel.Wenn die Inflation weiter nachlässt und das Wirtschaftswachstum schleppend bleibt, werden die Zinssätze wahrscheinlich etwas sinken, aber immer noch höher sein, als es Anleger in den letzten Jahren gewohnt waren. Festverzinsliche Anlagen dürften dann besonders attraktiv sein, da Anleihekurse steigen, wenn die Renditen fallen. Zudem setzt sich die Gesamtrendite eines Rentenfonds aus Erträgen und Kursveränderungen zusammen, weshalb fallende Renditen, zusätzlich zu den kräftigen Kuponzahlungen, ein weiterer Rückenwind für die Anlageklasse sind.
Peter Becker, Investment Director, Capital Group SwitzerlandFür Anleger mit einem Zeithorizont von mindestens einem Jahr könnte es sich lohnen, bestimmte Risiken einzugehen, beispielsweise im High-Yield-Bereich.
- Investment-Grade-Anleihen in Betracht ziehen, solange die Fundamentaldaten gut sind
Auch Investment-Grade-Anleihen bieten Chancen. Viele Unternehmen in diesem Bereich sind in der Lage gewesen, gestiegene Kosten an die Verbraucher weiterzugeben, was die Fundamentaldaten dieser Unternehmen, einschliesslich ihrer Gewinne, gestärkt hat. Zahlreiche Unternehmen haben zudem daran gearbeitet, ihre Betriebskosten zu senken, und ihre Barmittel konservativ zu verwalten. Diese Strategie sollte es diesen Unternehmen ermöglichen, ihre Schulden weiterhin zu refinanzieren oder zurückzuzahlen, wenn sich das Gewinnwachstum verlangsamt oder es in einem Abschwung schrumpft. Wertpotenzial liegt auch bei grossen Geldinstituten, deren Spreads weit über dem historischen Durchschnitt liegen und deren Kreditqualität hervorragend ist - Chancen bei ausgewählten Hochzinsanleihen nutzenFür Anleger mit einem Zeithorizont von mindestens einem Jahr könnte es sich lohnen, bestimmte Risiken einzugehen, beispielsweise im High-Yield-Bereich. Viele Unternehmen auf dem Markt für Hochzinsanleihen haben sich relativ leicht an die höheren Zinsen anpassen können. Zahlreiche Unternehmen haben Schulden abgebaut und damit den Zinsaufwand verringert. Ein geringerer Verschuldungsgrad und verbesserte Betriebsabläufe haben die Zahl der «Rising Stars», also jener Unternehmen, die aus dem Hochzinsbereich hochgestuft wurden, erhöht. Dieser Trend dürfte sich fortsetzen. Eine Herausforderung für die Zukunft sind mögliche Folgen hoher Kreditkosten für die Unternehmen. Irgendwann könnten höhere Zinsen zu schwächeren Kreditprofilen und niedrigeren Bewertungen führen. Dieser Prozess dürfte eher allmählich als abrupt verlaufen, und eine heutige Investition in Hochzinsanleihen kann dazu beitragen, die mit einer Verlangsamung verbundene künftige Volatilität auszugleichen. Da es einige Emittenten künftig schwer haben könnten, ihre Schulden zu refinanzieren, ist im High-Yield-Segment eine selektive Anlagestrategie wichtig.
- Einkommensanlagen diversifizierenEin diversifizierter, sektorübergreifender Ansatz kann Anlegern helfen, den Gegenwind auszuhalten, der sich ungleichmässig auf Teile der Wirtschaft auswirkt. Als Beispiel dienen dabei Schwellenländeranleihen: Einige Schwellenländer haben es im aktuellen Umfeld hoher Zinsen und langsamen Wachstums schwer. Das Schwellenländer-Universum ist jedoch gross und viele Emittenten sind in der Lage, diese Umstände zu meistern. So hat beispielsweise Oman von den höheren Ölpreisen profitiert. Und die lateinamerikanischen Länder haben die Zinssätze lange vor den grossen Zentralbanken angehoben, was dazu beigetragen hat, dortige Volkswirtschaften zu schützen, indem der Inflations- und Währungsdruck gemildert worden ist.
Fazit
Die Zukunft lässt sich nur schwer vorhersagen, weshalb ein sektorübergreifender Ansatz und eine langfristige Perspektive ratsam sind. Insgesamt sieht die Lage jedoch optimistisch aus. Die Zinserhöhungen haben die Voraussetzungen für wesentlich höhere Erträge und Renditen aus Anleihen in den kommenden Jahren geschaffen.