Réne Benko hat die Schweizer Bankenwelt entzaubert

Der österreichische Financier Réne Benko hat ein Meisterstück abgeliefert – wenn auch von zweifelhafter Natur. Die Zutaten: Ein aufgeblasenes und (auch) von zahlreichen Schweizer Banken auf Pump finanziertes Immobilien-Imperium sowie kurzsichtige und auf den schnellen Gewinn schielende Banker. Beiden Parteien gemeinsam scheint ein hohes Mass an Selbstgefälligkeit und Inkompetenz. Der materielle Schaden ist riesig. Und das Image der Schweizer Banken ist einmal mehr angekratzt.

Alle wollten ein Stück vom Kuchen. Auch die Schweizer Privat- und Kantonalbanken. Réne Benko wurde allseits hofiert und umschmeichelt. Die Aussicht auf den schnellen und vermeintlich risikolosen Gewinn endete letztlich für die involvierten Banken in einem kolossalen Debakel. Prominentestes Beispiel ist die Zürcher Privatbank Julius Bär, deren CEO Phillipp Rickenbacher nach einem Totalabschreiber der Benko-Kreditposition über CHF 600 Millionen Franken, zu Recht seinen Posten räumen musste. Aber auch andere Schweizer Bankenakteure haben sich in der Causa Benko nicht mit Ruhm bekleckert. So wurde heute bekannt, dass eine weitere Zürcher Privatbank, diesmal Vontobel, mit dem umtriebigen Réne Benko Geschäfte machte – wenn auch in einer überschaubaren Grössenordnung. Für ein relativ bescheidenes Honorar – die Rede ist von 150'000 Franken – soll Vontobel einer US-Tochtergesellschaft der Signa-Gruppe über eine Privatplatzierung mutmasslich 10 Millionen US-Dollar verschafft haben. Im Rückblick kein gutes Geschäft, denn der damit verbundene Reputationsverlust für die Bank dürfte weit schwerer wiegen, als die finanzielle Kompensation für die geleisteten Dienste. Warum eine Bank für ein tiefes sechsstelliges Entgelt ihren guten Namen aufs Spiel setzt und eine Geschäftsbeziehung mit einem bekanntermassen fragwürdigen Kunden unterhält, ist unverständlich, um nicht zu sagen fahrlässig.

Eine gute Entscheidung basiert auf Wissen und nicht auf Zahlen.

Plato, griechischer Philosoph

Die Liste der – nennen wir es einmal «unbedarften» – Schweizer Banken lässt sich beliebig verlängern. Die Migros Bank reiht sich ebenso in den Kreis der Gläubiger ein, wie die Privatbank IHAG von Anda Bührle oder zahlreiche Kantonalbanken, darunter die Graubündner, die Obwaldner, die Schwyzer und die Zürcher Kantonalbank. Die Aussicht auf lukrative Geschäfte – vielleicht auch in Verbindung mit einem überzogenen Selbstbewusstsein – hat offenbar zahlreiche Schweizer Bankvertreter darüber hinwegsehen lassen, dass das Immobilien-Imperium von Réne Benko nur auf Sand gebaut war. Der Schweizer Finanzplatz wurde durch diese toxische Geschäftsbeziehung einmal mehr entzaubert. Was bleibt, ist das ungute Gefühl, dass Risikokompetenz und Sachverstand im helvetischen Bankensektor keine Selbstverständlichkeit sind. Eine Casino-Mentalität und eine Tendenz zur Selbstüberschätzung hingegen schon. Dafür stehen die Verantwortlichen der Gläubiger-Banken nun mit kurzen Hosen da – sehr kurzen Hosen.

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