OPEC überrascht die Märkte – Ölpreise dürften steigen

Letzte Woche überraschte die OPEC+ die Märkte erneut, indem sie ihre Rohöl-Produktionsquoten für April unverändert beliess – entgegen den Konsenserwartungen, die von einer Erhöhung um 1.5 Millionen Barrel pro Tag (MBPD) ausgingen. Saudi-Arabien war somit einmal mehr erfolgreich bei der Aufrechterhaltung der Produktionsdisziplin unter den OPEC-Mitgliedern. Auch das Nicht-OPEC-Mitglied Russland stützt den aktuellen Entscheid.

Die globalen Überschuss-Öllagerbestände liegen wahrscheinlich immer noch über 100 Mio. Barrel, aber die jüngste OPEC-Entscheidung wird den Abbau der Ölvorräte auf den 5-Jahres-Durchschnitt beschleunigen. Angesichts der aktuellen Unterversorgung schrumpfen die globalen Ölvorräte um 2 MBPD und höchstwahrscheinlich werden alle überschüssigen Vorräte bis Juni dieses Jahres abgebaut sein. Dieser Lagerabbau geht einher mit einem starken Anstieg der Ölnachfrage im 2. Quartal, wenn die Auswirkungen der Impfung auf die Mobilität sichtbar werden. Dies ist der Sweet Spot der OPEC, um den Markt zu verknappen und die Ölkurve zu steuern.

Bis zum Jahresende 2021 werden wir wahrscheinlich eine vollständige Normalisierung zurück auf das Ölnachfrageniveau von 2019 sehen (100 MBPD versus aktuell 94 MBPD). Dies wäre eine der steilsten Beschleunigungen der Ölnachfrage in der Geschichte. Wenn sich dieses Szenario bewahrheitet, werden sich die Ölkurven noch weiter in die Backwardation verschieben, was die Spotpreise in die Höhe treibt und die längerfristigen Ölpreise drückt. Dies wird einen Wiederanstieg der langfristigen Rohölproduktion der Nicht-OPEC-Produzenten dämpfen, da die längerfristigen Ölpreise um etwa 10-12 USD niedriger gehandelt werden als auf dem Kassamarkt. Das bedeutet, dass es die OPEC durch ihr Kurvenmanagement den Öl-Majors und den Schieferölproduzenten erschwert, sich durch profitable Produktionspreise abzusichern.

Bis zum Jahresende 2021 werden wir wahrscheinlich eine vollständige Normalisierung zurück auf das Ölnachfrageniveau von 2019 sehen. Dies wäre eine der steilsten Beschleunigungen der Ölnachfrage in der Geschichte.

Michel Salden, Leiter Commodities, Vontobel Asset Management

Aus den Aussagen Saudi-Arabiens geht hervor, dass das Land die Fördermenge nicht erhöht haben, weil es mit der aktuellen Positionierung zuversichtlich ist, seinen Marktanteil in den kommenden Monaten deutlich steigern zu können. Diese Haltung ist also nicht auf Zweifel an einer Nachfrageschwäche oder Ängste vor einem Comeback des Schieferöls zurückzuführen.

Das Nicht-OPEC-Produktionswachstum befindet sich auf einem strukturellen Abwärtspfad, da die westlichen Ölkonzerne den Druck ihrer ESG-orientierten Stakeholder spüren. Steigende Ölpreise sind normalerweise eine gute Nachricht für die US-Schieferölproduzenten, aber derzeit behindern hohe Finanzierungskosten und politische Unsicherheiten jegliches Produktionswachstum in diesem Jahr.

Insgesamt ist dieses Szenario extrem bullisch für Rohöl-Futures. Die Preise werden im 3. Quartal auf 75 USD steigen und dort für eine Weile bleiben. Noch wichtiger ist, dass die Backwardation bei Öl auf Jahresbasis fast 10 % beträgt, was Öl zu einer der renditestärksten Inflationsabsicherungen macht. Angesichts der jüngsten Marktturbulenzen bei US-Treasuries aufgrund steigender Inflationserwartungen dürften Inflationsabsicherungen, beispielsweise durch Halten von Rohstoffpositionen, jetzt und in den kommenden Monaten stark gefragt sein.