Schweizer Immobilienmarkt: Steigender Referenzzinssatz führt zu bis 10 Prozent höheren Mieten

Der Schweizer Immobilienmarkt ist weiterhin auf Kurs für eine sanfte Landung. Trotz stark sinkender Nachfrage bei selbstgenutztem Wohneigentum steigt das Angebot infolge der bisherigen Knappheit nur langsam. Das Preiswachstum hat sich zwar jüngst markant abgeschwächt, dürfte jedoch noch bis Ende Jahr im Plus bleiben. Dagegen bewegt sich der Mietwohnungsmarkt weiterhin mit hohem Tempo auf eine Knappheit zu und Mietwohnungen werden teurer. Neben steigenden Marktmieten werden in der Folge des ersten Referenzzinssatzanstiegs im Juni nun auch die Bestandsmieten deutlich zulegen.

Der Schweizer Immobilienmarkt bleibt ganz im Fokus der Inflations- und Zinsentwicklung. Die Hartnäckigkeit der Inflation ist von vielen Marktteilnehmern unterschätzt worden, und auch die jüngsten Zahlen zeigen, dass das Thema noch nicht so schnell vom Tisch ist. Zweitrundeneffekte, wie die nun bevorstehenden Mietzinserhöhungen infolge des Anstiegs des Referenzzinssatzes anfangs Juni, verhindern ein rasches Abklingen der Teuerung. Weitere Zinserhöhungen durch die Schweizerische Nationalbank dürften daher im Juni und September dieses Jahres folgen. Der Schweizer Immobilienmarkt schlägt sich in diesem anspruchsvollen Marktumfeld dennoch deutlich besser als viele seiner Pendants im Ausland und bleibt auf Kurs für eine sanfte Landung.

Sukzessive Marktabkühlung bei Eigentum
Obwohl die höheren Zinsen die Nachfrage stark dämpfen, steigt das Angebot an Wohneigentum infolge der bisherigen Knappheit nur langsam. Die Angebotsziffern bleiben mit 1.8% bei Eigentumswohnungen und 1.6% bei Einfamilienhäusern auf tiefen Niveaus. Infolge des Nachfragerückgangs schwächte sich das Preiswachstum im 1. Quartal 2023 signifikant ab. Die Preise von Eigentumswohnungen stiegen innert Jahresfrist noch um 3.5%, diejenigen von Einfamilienhäusern um 3.6%. Bis Ende Jahr erwarten die Ökonomen der Credit Suisse noch ein knappes Plus von 0.5% bei Eigentumswohnungen und 1.5% bei Einfamilienhäusern. Ab 2024 sind wegen des anhaltenden Nachfragerückgangs indessen Preisrückgänge im tiefen einstelligen Prozentbereich pro Jahr zu erwarten. Aufgrund der Entwicklung der letzten Quartale gehen die Ökonomen der Credit Suisse davon aus, dass es im Markt für selbstgenutztes Wohneigentum zu einer sanften Landung mit überschaubaren Preiskorrekturen kommen dürfte, nachdem die Preise zuvor während 21 Jahren fast ohne Unterbruch gestiegen sind.

Mietwohnungssuche wird anspruchsvoller
Bei Mehrfamilienhäusern mit Mietwohnungen müssen Anleger demgegenüber bereits im laufenden Jahr mit rückläufigen Preisen rechnen. Sich verbessernde Ertragsaussichten werden die mögliche Preiskorrektur jedoch mildern. Das Angebot an verfügbaren Wohnungen geht rasant zurück und wird immer knapper. Die Angebotsziffer ist im 1. Quartal 2023 im gleitenden Jahresmittel auf 4.4% gesunken – ein Wert der letztmals 2016 unterschritten wurde. Besonders ausgeprägt bleibt die Marktanspannung in der Agglomeration Zürich. Erstaunlich ist die Entwicklung in einigen Regionen fernab der Grosszentren, wo Angebotsziffern und der Vermarktungsaufwand teilweise gar neue Rekordtiefs erreichen. Der Begriff «Wohnungsnot» überzeichnet zwar vielerorts die gegenwärtige Situation, doch die Wohnungssuche ist deutlich anspruchsvoller geworden. Wir rechnen folglich mit einem weiteren deutlichen Rückgang der Leerstände und einem kräftigen Mietpreiswachstum. Für das gesamte Jahr gehen wir bei den Marktmieten von einem Plus von 3% aus.

Abbildung: Mietpreisentwicklung als Spiegelbild der Angebotssituation

Jahreswachstumsraten Angebotsmieten, nach Monitoring-Region (Wüest Partner) Bildnachweis: Wüest Partner, Credit Suisse; letzter Datenpunkt: Q4/2022

Steigender Referenzzinssatz führt zu bis 10% höheren Mieten
Nachdem der Referenzzinssatz anfangs Juni von 1.25% auf 1.5% angestiegen ist, dürfte ein zweiter Anstieg auf 1.75% bereits im Dezember folgen. Zu einem Referenzzinssatz von 1.25% berechnete Nettomieten dürften folglich aufgrund des Anstiegs bis April 2024 um 6% steigen. Da Vermieter zusätzlich 40% der aufgelaufenen Teuerung und (üblicherweise) jährlich 0.5% allgemeine Kostensteigerungen geltend machen können, kann der Anstieg gar bis zu 10% betragen. Da Mietzinssenkungen jedoch oft aktiv durch den Mieter eingefordert werden müssen, dürfte der Mietzinsanstieg im Mittel jedoch geringer ausfallen und bis zu 7% betragen. Für viele Mieter kommt der Mietzinsanstieg zur Unzeit, da sie bereits mit massiven Anstiegen bei den Neben- und Energiekosten konfrontiert sind. Gleichzeitig mildern die steigenden Mieterträge den Druck, welchen die gestiegenen Zinsen auf die Liegenschaftswerte ausüben.

Die vollständige Studie «Immobilienmonitor Schweiz 2. Quartal 2023» der Credit Suisse findet sich hier.

Hauptbildnachweis: NDR