Credit Suisse: Warum es die Schweizer Eidgenossenschaft der Saudi National Bank gleichtun sollte

Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht ein kritischer Medienbericht über die Credit Suisse erscheint. Auch wir haben an dieser Stelle nie mit Kritik an der Schweizer Grossbank zurückgehalten. Zu viele Skandale, zu grosse Verluste und zu wenig Leadership zeichneten über die vergangenen Monate ein unschönes Bild der Schweizer Grossbank. Inzwischen scheint die Situation aber völlig aus dem Ruder zu laufen. Kritiker und Schwarzseher überbieten sich gegenseitig mit zu kurz gedachten (und geäusserten) Untergangsprognosen und dümmlicher Häme, weshalb wir hier und jetzt eine Lanze brechen wollen für die Credit Suisse.

Ja, man kann Axel P. Lehmann eine gewisse Lethargie in der wohl grössten Krise der Bank vorwerfen. Mit seinem unaufgeregten und leisen Auftreten hebt sich der Chairman der Credit Suisse allerdings wohltuend von seinen, teilweise narzisstisch veranlagten und wenig erfolgreichen, Vorgängern ab. Und ja, Ulrich Körners Kernkompetenz ist nicht die Kommunikation. Das kann man dem CEO zwar vorwerfen, daran messen sollte man ihn aber nicht. Klar ist nämlich, dass er der einzige Hoffnungsträger der Bank ist, wenn es darum geht, das operative Steuer herumzureissen und die Credit Suisse wieder auf Kurs zu bringen. Ob der eingeschlagene Weg der Richtige ist – auch hier gehen die Meinungen diametral auseinander – muss die Zeit zeigen. Leider ist der Faktor Zeit aber gerade in Krisenzeiten ein überaus seltenes Gut. Es rinnt der Credit Suisse derzeit förmlich durch die Finger. Das zeigt sich exemplarisch an den enormen Vermögensabflüssen im Wealth Management der Bank, die sich zwischenzeitlich wohl verlangsamt haben. Aber erst wenn es gelungen ist, diese dramatische Abwärtsspirale komplett zu stoppen, kann die geplante Restrukturierung beherzt und konsequent in Angriff genommen werden. Es wäre der Credit Suisse also zu wünschen, dass sehr bald wieder Sicherheit und Ruhe an allen Fronten einkehren. Davon ist die Bank derzeit allerdings weit entfernt, denn Sicherheit basiert bekanntermassen in erster Linie auf Vertrauen. Wie sich aber leider zeigt, hat das Management der Credit Suisse das eigene Vertrauenskapital arg strapaziert. Auch strahlt es keine strategische Ruhe aus, was sich am Thema der inzwischen vollzogenen Kapitalerhöhung deutlich manifestiert. Obwohl diese im Vorfeld lange Zeit heftig dementiert und negiert wurde, überraschte die Credit Suisse im Rahmen der Strategiekommunikation mit einem neuen Grossinvestor – mit fatalen Folgen. Der Aktienkurs der Bank notiert – Stand gestern – auf einem Allzeittief. Die Aufregung und der Missmut sind gross. Von strategischer Ruhe kann nicht die Rede sein.

Die Schweizer Eidgenossenschaft könnte ein starkes Zeichen setzen
Auch wenn die Probleme, mit denen die Credit Suisse derzeit zu kämpfen hat, hausgemacht sind: Einen Untergang der zweitgrössten Schweizer Grossbank kann sich niemand ernsthaft wünschen. Zu gross wäre der damit verbundene gesellschaftliche und wirtschaftliche Schaden – vom Reputationsverlust für den Schweizer Finanzplatz ganz zu Schweigen. Obwohl dem Management der Bank um Ulrich Körner zugestanden werden darf, dass vermutlich mit Hochdruck an einer belastbaren Neuausrichtung gearbeitet wird, dürfte es auf kurze Sicht schwierig sein, eine Trendwende in den Köpfen der überkritischen Finanzanalysten – und damit letztlich auch im Kundenkreis der Bank – herbeizuführen. Es fehlt an vertrauensstiftenden Massnahmen, welche die aufgewühlte Situation nachhaltig zu beruhigen vermögen. Ein starkes Zeichen wäre deshalb beispielsweise ein finanzielles Engagement der Schweizer Eidgenossenschaft. Unmöglich? Keineswegs. Die Rettung der UBS, die im Nachgang an die globale Finanzkrise im Jahr 2008 ebenfalls durch die helvetischen Steuerzahler gestützt wurde, könnte als Showcase exemplarisch herbeigezogen werden. Eine Inititative, die sich im Nachhinein für den Schweizer Staat mit einer Rendite von rund sechs Milliarden Franken durchaus bezahlt gemacht hat. Andere Beispiele gefällig? Zu nennen wären da eine Corona-Kreditlinie für die heimische Fluggesellschaft Swiss über 1,5 Milliarden Schweizer Franken oder – ganz aktuell – eine nachrangige Kreditlinie für das Energieunternehmen Axpo über vier Milliarden Franken. Wer jetzt einwendet, dass es nicht Aufgabe des Staates ist, angeschlagene Banken zu retten, blendet den volkswirtschaftlichen Schaden aus, der mit einem Niedergang der Credit Suisse verbunden wäre. Und ja, die unanständigen Boni, welche die Bank sogar in der aktuellen Krise auszurichten gedenkt, stehen in einem krassen Widerspruch zu einem wie auch immer gearteten, finanziellen Engagement des Schweizer Staates. Ein solches könnte aber auch ein wirksamer Hebel – vielleicht sogar eine zwingende Voraussetzung – sein, um ebendiese unerwünschten Bonus-Exzesse innerhalb der Credit Suisse zu stoppen um damit einen echten Kulturwandel innerhalb der Bank einzuleiten.

Hauptbildnachweis: Pixabay