Beat Thoma: «Inhaber von Wandelanleihen sind stets optimal positioniert.»

Wer kennt sie noch, die Wandelanleihe? Und wie funktioniert sie nochmal? Beat Thoma erklärt im Gespräch die Vorzüge einer Wandelanleihe und weshalb sie in seinen Augen durchaus ein zeitgemässes Anlagekonstrukt ist.

Beat Thoma, wir sprechen heute über Wandelanleihen, eine alternative Anlageklasse mit einem kombinierten Bond-/Equity-Charakter. Letztlich also – entschuldigen Sie das Wortspiel – ein Finanzprodukt, das weder Fisch noch Vogel ist. Sind Wandelanleihen überhaupt noch zeitgemäss oder handelt es sich hier nicht eher um ein exotisches Finanzkonstrukt?

Beat Thoma: Wandelanleihen sind im Gegenteil sehr zeitgemäss, hochinteressant und für professionelle Anleger und keinesfalls exotisch. Das Chancen-/Risiko-Verhältnis einer Wandelanleihe ist deutlich besser als bei einer klassischen Optionsanleihe. Dies erklärt auch das ausserordentlich gute Abschneiden von Wandelanleihen in den vergangenen 30 Jahren.

Im aktuellen Börsenumfeld machen Wandelanleihen doch eigentlich keinen Sinn. Gleiches gilt für eine Boom-Phase von Obligationen. Es scheint, als empfehlen sich Wandelanleihen in erster Linie für Zauderer, die weder auf das ein noch auf das andere vertrauen, dafür aber in beiden Zyklen Renditepotenzial verschenken. Wann ist der optimale Zeitpunkt, um in Wandelanleihen zu investieren?

Eine Wandelanleihe ist als Kombination einer normalen Obligation und einem Wandelrecht (d.h. Partizipationsmöglichkeit am Aktienmarkt) eine gut diversifizierte Anlage, die aufgrund ihrer Konstruktion ein eigenes Markttiming beinhaltet. Das dynamische, asymmetrische Anpassen der Position liefert die Wandelanleihe dabei automatisch. Inhaber von Wandelanleihen sind deshalb aus Markttiming-Aspekten gesehen stets optimal positioniert.

Die Asset Allokation von Wandelanleihen dürfte aufgrund ihrer Struktur für Anleger eher schwierig zu bewerkstelligen sein. Wie wird das idealerweise gehandhabt?

Eine Wandelanleihen-Strategie kann entweder als anleihenähnlich oder aber als aktienähnlich aufgesetzt werden. In beiden Fällen ist damit die Zuordnung innerhalb einer Asset Allokation eindeutig festgelegt. Häufig wählen Investoren aber auch eine ausgewogene Strategie, mit dem Ziel die Asymmetrie der Anlageklasse optimal umzusetzen. In allen Segmenten liefert die Beimischung von Wandelanleihen entscheidende Vorteile: nämlich entweder in Form von zusätzlichem Aufwärtspotenzial (und Inflationsschutz) mit nur wenig zusätzlichem Risiko oder aber mit einem teilweisen Rückschlagschutz ohne viel Potenzial nach oben aufzugeben.

Viele Wachstumsunternehmen, Firmen im Turnaround oder Unternehmen mit Finanzierungsbedarf für Grossprojekte nehmen Aktienkapital indirekt über Wandelanleihen auf. Der Wandelanleihen-Investor ist damit stets dort, wo die Musik spielt.

Beat Thoma, Chief Investment Officer, Fisch Asset Management

Was zeichnet eine attraktive Wandelanleihe aus und wie hoch würden sie deren Anteil in einem Portfolio derzeit gewichten?

Eine Wandelanleihe ist dann attraktiv, wenn die zugrundeliegende Aktie interessante Kursperspektiven und eine hohe Volatilität aufweist. Die hohe Volatilität ist deshalb ein Vorteil, weil Inhaber von Wandelanleihen aufgrund der erwähnten asymmetrischen Partizipation mehrheitlich von der Aufwärtsvolatilität profitiert. Der Anteil an einer einzelnen Wandelanleihe in einem Portfolio sollte dabei unbedingt dem individuellen Risikobudget eines Investors entsprechen. Eine absolute Grösse gibt es hier nicht.

Wie setzt sich der Preis einer Wandelanleihe – vereinfacht ausgedrückt – zusammen?

Die Wandelanleihe kann aufgrund ihrer Bestandteile (Anleihe, Wandelrecht, implizite Volatilität) bewertet werden. Da aber diese einzelnen Komponenten nicht getrennt gehandelt werden können, ist die Summe der Einzelteile nur eine Annäherung an den wahren Wert. Um diesen zu ermitteln, sind entsprechende Bewertungstools und Methoden der Optionspreistheorie erforderlich. Grundsätzlich gilt aber, je höher der Aktienkurs der zugrundeliegenden Aktien steigt, desto höher der Wert der Wandelanleihe. Bei fallenden Kursen nähert sich die Wandelanleihe dagegen ihrem Rückzahlungspreis, der in diesem Fall den dominierenden Einfluss auf den Preis der Wandelanleihe ausübt.

Welche drei Wandelanleihen empfehlen Sie Ihren Kunden aktuell und weshalb?

Auf Sektor-Ebene bieten zyklische Sektoren und sogenannte «Re-opening Trades» derzeit Chancen. Nachdem das Schlimmste der Coronakrise nun überstanden scheint und gleichzeitig die Reflationierung der Wirtschaft Fahrt aufnimmt, profitieren diese Branchen von einer Normalisierung der Wirtschafts- und Reiseaktivitäten, darunter Fluglinien und Kreuzfahrtgesellschaften. Abgesehen davon ist auch der Technologiesektor im Moment auf selektiver Basis noch interessant, wobei steigende Zinsen hier ein sehr genaues Augenmerk erfordern. Es handelt sich um einen Sektor, der immer noch wächst, wenn auch mit einer etwas geringeren Rate als früher.

Hauptbildnachweis: Fisch Asset Management