Satire: Inside Bank Rupp & Cie – Leader Talk

Inside Bank Rupp & Cie (bæŋkrʌptsi) ist eine satirische Kolumne und handelt vom Innenleben einer Bank und anderen Unzulänglichkeiten des Lebens. Heute zum Thema Lieblingsthemen ...

Toni Schälchli schaute zum wiederholten Mal demonstrativ lang auf seine klotzige Armbanduhr, während Urs Huber ihn weiterhin zutextete. Schon seit über einer halben Stunde redete er auf den frisch beförderten Vizedirektor der Bank Rupp & Cie ein und belästigte ihn mit allerlei subalternen Banalitäten.

Schälchli bedauerte den Tag, als er Hubers Vorschlag eines gemeinsamen wöchentlichen Kaffeetreffens im «Da Renzo» zugestimmt hatte. Damals waren sie einander rangmässig gleichgestellt und Schälchli hatte sich, wie es halt seine Art war, nichts vergeben wollen.

Wegen Hubers penetrantem Geschwafel war er beim Durchblättern der Zeitung noch nicht einmal bis zum Sportteil gelangt. Die Resultate würde er nachher ausführlich im Büro studieren, für irgendetwas hatte er ja seit neustem ein Einzelbüro.

Schälchli nahm einen letzten Schluck Espresso und schaute entnervt zu Huber, der trotz unmissverständlicher Zeichensprache unbeirrt weiterschwatzte.

«Übrigens», sagte er mit breitem Grinsen, «kennst du Joe Spalingers fünf absolute Lieblingsthemen?»

«… diejenigen Topics, die alle seine Unterhaltungen bestimmen, geschäftlich wie privat. Immer und überall», setzte er zur Verdeutlichung hinzu.

Schälchli schaute sein Gegenüber erstaunt an.

Er fragte sich, woher Prokurist Huber über CEO-Spezialwissen verfügen sollte.

Aber keine Frage: Selbstverständlich interessierte Oberschleimer Schälchli alles, was eine so höchst faszinierende und überaus erfolgreiche Persönlichkeit wie Dr. Hans «Joe» Spalinger betraf.

Er benötigte zur Beantwortung der Frage etwas Bedenkzeit und schlürfte zwecks Zeitgewinns seinen Espresso.

Man konnte gut hören, dass die Tasse bereits leer war.

Intuitiv dachte er an Banking, Banking, Banking, Banking und nochmals Banking. Dann tauchte in seinem Kopf plötzlich der Begriff Digitalization auf. Und was war mit Big Data? Möglicherweise war auch Total Compensation ein ständiges Thema, aber dieses heisse Eisen würde er gegenüber Huber natürlich nicht aufbringen. Und wer weiss, vielleicht stand beim CEO punktuell sogar das nachhaltige Wohl des Unternehmens im Mittelpunkt?

Schälchli war ob all der vielen Gedanken verunsichert.

«Komm schon!», sagte Huber, als Schälchli sich übermässig lange Zeit liess, «auf deiner Stufe sollte man das eigentlich wissen.»

Doch Schälchli blieb stumm.

«Karrieretechnisch mit Sicherheit nicht unwichtig», neckte Huber seinen überaus ambitionierten Kollegen weiter.

Selbst Hubers nachfolgende Bemerkung, die Antwort sei weder bonusrelevant noch Teil des halbjährlichen Beurteilungs-Prozesses, lockte den Vizedirektor nicht aus der Reserve.

«Dann lassen wir es halt.»

Huber hörte sich leicht eingeschnappt an. Er erhob die Hand, um bei Valeria die Rechnung zu verlangen. Und so herrschte bei ihrem heutigen morgendlichen Kaffeetreffen erstmals beidseitiges Schweigen.

Nicht ganz unerwartet war es Schächli, der das Gespräch nach längerer Pause wieder aufnahm.

«Also gut, wenn es dir so wichtig ist», sagte er mit einer gespielten Lockerheit, «dann verrate mir halt die fünf absoluten Lieblingsthemen von Joe.»

«…Bitte?»

«Bitte!»

«Die alles beherrschenden fünf Lieblingsthemen von Spali sind …».

Huber brach den Satz ab, da er sich vor Lachen kaum halten konnte.

«Nun sag schon!», forderte Schälchli ihn mit energischer Stimme auf, weil Hubers Heiterkeit kein Ende nehmen wollte.

Es dauerte zwei weitere Lachsalven, bis Huber eine einigermassen verständliche Antwort gab.

«Spalinger!», kicherte er unangemessen laut. Seine schrille Stimme drang durch das ganze Café.

«Spalinger, Spalinger, Spalinger, Spalinger und nochmals Spalinger!»

Hauptbildnachweis: Walter Hollenstein