Inside Bank Rupp & Cie – Kosteneffizienz

Inside Bank Rupp & Cie ist eine satirische Kolumne und handelt vom Innenleben einer Bank und anderen Unzulänglichkeiten des Lebens. Heute zum Thema «Kosteneffizienz».

Toni Schälchli und Urs Huber sassen bei ihrem wöchentlichen Kaffeetreffen im Da Renzo. Aus den Lautsprechern des Cafés ertönten italienische Schlager. Valeria servierte Huber den üblichen doppelten Espresso und Schälchli den gewohnten Cappuccino mit Assugrin. Und der Tag nahm seinen Lauf.

«Hast Du gesehen?», flüsterte Huber seinem Kollegen nach wenigen Augenblicken zu, während er mit dem Kopf in die andere Ecke des Lokals deutete.

«Was meinst Du?», fragte Schälchli, der soeben mit dem Studium des Sportteils beginnen wollte.

«Holliger!»

«Holliger, der Chef Private Banking Nordostschweiz!», sagte Huber deutlich lauter, als Schälchli nicht reagierte.

«Du meinst Fritz E. Holliger», erwiderte Schälchli, «… den kenne ich sehr gut».

Es herrschte kurz Stille.

«Ein Wichtsack!», sagte Huber.

«Schau nur, wie der die Kaffeetasse hält, den kleinen Finger abgespreizt.»

Huber äffte ihn mit einem abschätzigen Lächeln nach.

«Gesellschaftsfinger nennt man den», klärte Schälchli seinen Kollegen auf, während er die Zeitung aufschlug, «... ist in der besseren Gesellschaft heute noch trendy.»

Einen Moment lang war es wieder still.

«Hollensack ist auch einer von denen, die bei Mailnachrichten nie eine Anrede verwenden», trat Huber nach.

«Ja, und?»

Vizedirektor Toni Schälchli begann sich, nicht zum ersten Mal, über das kleingeistige Naturell seines Prokuristen-Kollegen zu ärgern. Demonstrativ hielt er die Zeitung noch etwas höher. Doch Huber liess nicht locker: «Gewichtssack!», sagte er in Anspielung auf Holligers optische Erscheinung. Dann genehmigte er sich einen Schluck Espresso und schaute erwartungsvoll zu Schälchli, der zunächst allerdings nicht auf den Störefried einging.

Nach ein paar Momenten des schweigenden Widerstands fühlte er sich schliesslich doch bemüssigt, die mittlere Führungsriege der Bank, zu der er selbstverständlich auch sich zählte, vor seinem unbedarften Kollegen in Schutz zu nehmen. Toni Schälchli drehte die Zeitung etwas ab, damit er freien Blick auf Huber hatte.

«Ich verstehe nicht, was du gegen den Mann hast. Wenn einer wie Fritz E. Holliger sich bei Nachrichten kurz hält und dich und den Rest der Welt nicht persönlich begrüsst, sondern gleich mit dem Inhalt loslegt, ist das nur richtig und im vollsten Interesse der Bank», sagte Toni Schälchli mit belehrender Stimme, weil er gegen unten natürlich ebenfalls keine Anreden benutzte. Höfliche oder gar herzliche Begrüssungsformeln sparte er sich für aufsteigende Nachrichten auf. «... Und somit auch in deinem Interesse!», sagte Schälchli bestimmt.

«Das nennt man übrigens Kosteneffizienz, mein Lieber», bemerkte er nach einer kurzen Pause süffisant. Er wollte sich bereits wieder den Sportresultaten widmen, doch Huber schien ihn immer noch nicht zu verstehen. Vielleicht wollte er ihn ja auch einfach nicht verstehen? Schälchli konnte jedenfalls beim Blättern der Seiten aus den Augenwinkeln erkennen, dass sein Gegenüber kindische Grimassen schnitt.

«Ob du’s glaubst oder nicht, es ist so!», ranzte er Huber durch die Zeitung an.

«Dank der Zeitersparnis können wir uns nämlich anderen, bedeutend wichtigeren Angelegenheiten zuwenden.»