Inside Bank Rupp & Cie – Team Meeting

Inside Bank Rupp & Cie ist eine satirische Kolumne und handelt vom Innenleben einer Bank und anderen Unzulänglichkeiten des Lebens. Heute zum Thema «Team Meeting und so ...».

«Habt ihr den Prozess und die zugrunde liegenden Prämissen verstanden?», fragte Teamchef Heinz Spähni sinngemäss, sehr sinngemäss. Die Frage richtete sich an seine zwei nur unwesentlich jüngeren Arbeitskollegen Max Stocker und Peter Wirz, die mit ihm zusammen seit 18 Jahren das Team Private Banking Zürich Nord IV bildeten, das vormalige Team Zürich Nord III.

Zuvor hatte Spähni – von mehreren kürzeren und längeren Redepausen unterbrochen – den Versuch unternommen, seinen Kollegen beim wöchentlichen Team-Meeting die aufwendigen und komplizierten Modalitäten des neuen Mitarbeiter-Beurteilungsprozesses näherzubringen.

Wirz und Stocker schauten ihren gegenübersitzenden Chef mit grossen Augen an, weshalb Spähni die Frage wiederholte.

Erst auf seine Nachfrage hin nickten beide mit nachvollziehbarer Zurückhaltung.

Der Teamchef PB Zürich Nord IV war sichtlich erleichtert. Nach den vom Workforce Management (die einstige Personalabteilung) erarbeiteten Guidelines fehlte jetzt bloss noch die dazugehörige Q&A-Session, und der HR-Teil wäre abgeschlossen.

«Questions?», fragte Spähni anschliessend kurz und knapp.

Stocker schaute zu Wirz und zuckte dabei hilflos mit den Schultern. «Was soll das?», flüsterte er seinem Kollegen zu.

«Ich weiss doch auch nicht», murmelte Wirz kaum verständlich zurück, sobald Spähnis konzentrierter Blick auf sein Smartphone gewandert war.

Und so bedurfte es einer weiteren Nachfrage von Spähni, die sodann beide stracks beantworteten.

«No!», sagten sie fast synchron.

Spähni schien zufrieden, bedächtig strich er sich mit der Hand über das Kinn. Dann sagte er etwas, das sich wie «Next Agenda Point» anhörte. Er benötigte allerdings einen Moment, bis er die entsprechende Frage ausformuliert hatte.

«Any vacancy plans?», fragte er konkret.

Wirz und Stocker schauten Spähni jetzt noch ein wenig irritierter an, so dass der Teamchef nachhelfen musste.

«Holidays and so …», präzisierte er in wichtigem Ton.

Wirz und Stocker schüttelten abermals unmissverständlich mit dem Kopf, ohne sich jedoch ausdrücklich zu äussern oder gar in Einzelheiten zu verlieren.

Man konnte nun gut hören, wie sich draussen auf dem Flur zwei Männer ausführlich über Privates unterhielten. Über Fussball sprachen sie. Nachdem die zwei Mitarbeiter, vermutungsweise Lehmann und Kramer vom Team Nordostschweiz, das Gespräch beendet hatten, ging das Meeting drinnen unverzüglich weiter. Spähni, Stocker und auch Wirz, alle drei starrten jetzt auf ihre Smartphones, um die zwischenzeitlich eingegangenen privaten und geschäftlichen Nachrichten zu lesen und Erstere auch sogleich zu beantworten.

Im Sitzungszimmer Sydney war es auf alle Fälle eine ganze Weile ziemlich still.

«Have you other important points for today?», fragte Teamchef Spähni dann plötzlich, sozusagen out of the blue, nachdem er gerade eben eine elektronische Einladung zu einem Mittagessen angenommen hatte. Er blickte gespannt auf, zuerst zum Kollegen Wirz und nachher zum Kollegen Stocker.

Einmal mehr schüttelten beide vehement den Kopf, obschon doch so einiges angestanden hätte. Auf Stockers Schreibtisch türmten sich die Kundenreklamationen, und Wirz hatte diese Woche immerhin zum zweiten Mal den obligatorischen Compliance-Test vergeigt.

«Wonderful!», bemerkte Spähni ob der willkommenen Botschaft freudig, während er auf seine Armbanduhr schaute. Noch zwölf Minuten, schoss es ihm durch den Kopf, bevor sich sein Blick bereits wieder senkte. Er öffnete auf seinem Smartphone die Website eines einschlägigen Finanzportals und freute sich kindisch über einen anonymen Kommentar, seinen eigenen, der dem Chef des Bankhauses galt.

Der Zustand dauerte noch einige Zeit an. Dann schaute Spähni erneut von seinem Gerät auf, und es machte den Anschein, als würde er gleich eine weitere Frage in die Runde werfen. Alleine die abweisenden, beinahe schon gehässigen Blicke seiner Kollegen hielten ihn davon ab. Und er begann sich stattdessen zu räuspern.

«Herrgottsack ...!», brach es nach kurzem Stocken ein wenig zu heftig und zu laut aus ihm heraus. «Ich kann doch auch nichts dafür, wenn die da oben (er deutete mit dem Zeigefinger aufgeregt himmelwärts) jetzt für alle Teamsitzungen Englisch vorschreiben.»