Jerome Powell ist der «Last Man Standing»
Beim anhaltenden Disput zwischen Donald Trump und dem Vorsitzenden der US-Notenbank, Jerome Powell – wobei diese Auseinandersetzung eigentlich ausschliesslich vom amerikanischen Präsidenten ausgeht –, geht oft vergessen, wer Jerome Powell ins Amt gehievt hat: Donald Trump! 2017 kündigte er ihn mit grossen Worten an. «Er ist stark, er ist engagiert und er ist klug, und [...] Jay wird seine beträchtlichen Talente und Erfahrungen einsetzen, um die unabhängige Zentralbank unseres Landes zu führen.»
Doch schon bald trübte sich das Verhältnis zwischen den beiden spürbar ein. Dies primär, weil Powell den unter seiner Vorgängerin Janet Yellen eingeleiteten Zinserhöhungszyklus sehr zum Missfallen von Trump fortsetzte. Powell hielt dem Druck des Präsidenten stand und verfolgte weiter unbeirrt den in seinen Augen richtigen Pfad.
Sieben Jahre später treffen die beiden nun wieder aufeinander. «Werden Sie zurücktreten, wenn Donald Trump erneut Präsident wird?», wurde Powell vor den US-Wahlen im vergangenen November gefragt. Seine klare Antwort, kurz und knapp: «Nein.» Das Verhältnis ist indes nicht besser geworden. Von Trumps lobenden Worten von 2017 ist nichts übriggeblieben. «Mister Too-late», «Big Loser» und Narr nennt er ihn nun. Und selbstredend versteht er – gemäss Eigeneinschätzung – mehr von Zinsen als der Fed-Chef. Trump hat immer wieder klar geäussert, Einfluss auf die Politik der Fed nehmen zu wollen. Und er hatte mit der Absetzung von Powell gedroht (eine Drohung, die er in der Zwischenzeit zurückgenommen hat). Für eine Absetzung bräuchte es gemäss Gesetz allerdings einen «triftigen Grund». Was das heisst, ist unklar und müsste wohl vor Gericht entschieden werden, «zu langsame Zinssenkungen» gehörten aber kaum dazu. Trump wird also tatsächlich nicht versuchen, Powell doch noch aus dem Amt zu drängen, sondern das Ende der Amtszeit im Mai 2026 abwarten, dann einen ihm genehmen Nachfolger ernennen und die notwendige Bestätigung durch den Kongress einholen. Eine zu offensichtliche «Marionette» würde diese Bestätigung trotz republikanischer Mehrheit im Kongress womöglich nicht erhalten.
Thomas Heller, Chief Investment Officer, Frankfurter Bankgesellschaft GruppeViele sind unter dem Druck von Donald Trumps Forderungen eingeknickt: Regierungen, Behörden, Unternehmen. Die Fed, allen voran ihr Vorsitzender Jerome Powell, hat dem Druck standgehalten. Und das ist gut so.
Trump könnte auch eine Gesetzesänderung anstreben, die dem Präsidenten ein Mitspracherecht in der Geldpolitik einräumen würde. Das wäre ein fatales Signal. Aber auch das müsste vom Kongress abgesegnet werden, was ebenfalls wohl kaum passieren würde. Es wird somit zwar weiterhin zu versuchter Einflussnahme der Politik auf die Fed kommen, direkte Wirkung wird es aber zunächst nicht geben.
Die jüngste Fed-Entscheidung, die Zinsen nicht zu senken, konnte deshalb aus zwei Gründen nicht überraschen. Zum einen wäre eine Zinssenkung als Einknicken vor Trumps Forderungen interpretiert worden. Zum anderen lässt das duale Ziel der Fed, Preisstabilität und Vollbeschäftigung, eine Zins-senkung noch nicht zu. Die Inflation liegt nach wie vor über dem Fed-Ziel von 2 % und droht mit den Zöllen wieder zu steigen. Und es herrscht Vollbeschäftigung. Damit ist auch die an dieser Stelle im Februar gestellt Frage, ob es den Fed-Put gibt – die ich mit ja beantwortet hatte –, nun nicht plötzlich mit nein zu beantworten. Zur Erinnerung: Der Fed-Put besagt, dass man darauf setzen kann, dass die Fed unterstützend eingreift, wenn es in der Wirtschaft oder an den Märkten zu Verwerfungen kommt. Allerdings nur dann, wenn das eigentliche Mandat nicht konterkariert wird. Trotz der unsicheren Konjunkturaussichten und den jüngsten Marktverwerfungen, liessen die Umstände eine Zinssenkung nicht zu. Diese wird im weiteren Jahresverlauf folgen, wenn sich der Nebel insbesondere im Zollstreit etwas verzogen hat.
Viele sind unter dem Druck von Donald Trumps Forderungen eingeknickt: Regierungen, Behörden, Unternehmen. Die Fed, allen voran ihr Vorsitzender Jerome Powell, hat dem Druck standgehalten. Und das ist gut so. Jerome Powell ist der «Last Man Standing».