Apple Car: Der Konzern, der ein Auto machen muss

Apple verrät nichts über seine Fahrzeugpläne. Doch ein Blick in die Patente des Konzerns und die Stellenbesetzungen in Cupertino verraten viel. Denn wenn Apple auch in den Automarkt vordringen will, dann muss die Firma ein Auto bauen.

Wenn Google etwas in der Pipeline hat, dann ist Apple entweder der Sache schon voraus, oder nicht weit hinterher.

Analyst und Gerüchteverbreiter Ming-Chi Kuo glaubt zu wissen, dass Apple an einem Auto arbeitet. Wenn Ming-Chi Kuo sowas sagt, dann ist da meist was dran. Kein anderer Leaker und Kaffeesatzleser hatte bis dato so oft Recht wie der Analyst. Ming-Chi Kuo sagt, dass Apple mit Hyundai gemeinsame Sache macht und an einem Apple-Auto arbeitet.

Damit sieht sich der Konzern aus Cupertino einem riesigen Projekt gegenüber, für das er zu Recht einen Partner mit Erfahrung ins Boot geholt hat.

Was der Analyst sagt
Ming-Chi Kuo hat nie bestätigte Informationen. Daher sind seine Angaben Gerüchte und Mutmassungen. Sie stimmen zwar öfter als die Behauptungen anderer, aber wenn Sie an der Migros-Kasse so einfach mal fallen lassen, dass Apple an einer bemannten Marsmission arbeitet, hat das genauso viel effektiven Wahrheitsgehalt, wie eine der Voraussagen Ming-Chi Kuos. Als Analyst für TF Securities hat Kuo Einblick in die Finanzmärkte und, so vermuten die Analysten, die den Analysten analysieren, in Apples Supply Chain. Er wisse also, welche Teile Apple wo in welchen Sektor investiert und könne so seine Voraussagen treffen. Kuo selbst hält sich bedeckt, was seine Quellen angeht. Apple soll also laut Kuo irgendwann zwischen 2023 und 2025 ein Auto auf den Markt bringen. Das Fahrzeug soll auf der Basis von Hyundais E-GMP Elektroplattform gebaut werden. Soll. Denn die Geschichte um die Plattform, auf der Apple sein Apple Car, oder iCar – ich freue mich ja auf das iCar 8 Pro Max –, oder wie auch immer das Teil dann heissen wird, ist etwas verwirrend.

Das Apple Car soll auf Basis der Plattform Hyundais entstehen.

Apple soll mit Hyundai über E-GMP verhandeln. E-GMP gleicht einem Modell, das das kalifornische Start-Up Canoo erfunden hat. Das Canoo Skateboard ist eine voll funktionsfähige Elektroautoplattform, die einen Grossteil der Fahrzeugelektronik in einem Unterbau vereint. Autohersteller sollen diese kaufen und/oder lizenzieren und ihre eigenen Fahrzeuge auf Canoo-Basis herstellen. Darunter sei auch Apple, hiess es im Januar 2021. Das beisst sich aber mit der Tatsache, dass Canoo mit Hyundai gemeinsam eine Elektroplattform entwickelt hat.

Woran Apple arbeitet
Apple hält sich als Teil seiner Kommunikationsstrategie stets bedeckt, wenn es um tägliche News oder «Dinge, die da kommen könnten» geht. Anfragen werden stets mit einem «Kein Kommentar» beantwortet. Fair enough. Das aber führt dazu, dass eine Art Mythos Apple entsteht. Den Konzern, den sich Fans, Kritiker und der Rest der Welt in ihren Köpfen zusammenreimen. Am stärksten auf einen Apple Car weisen auch zahlreiche Stellenbesetzungen in den vergangenen Jahren hin.

  • Im Jahr 2016 hat Apple Tesla-Vizepräsident Chris Porritt abgeworben, der schon bei Land Rover und Aston Martin ein hohes Tier war. Er ist mittlerweile nicht mehr bei Apple, sondern bei Rimac.
  • Anno 2015 hat Apple David Nelson Tesla ausgespannt und in ein Team gesteckt, das aus Menschen besteht, die alle einschlägige Erfahrung mit Autos haben
  • Auch dabei: Pete Augenbergs, Ex Mechanical Engineer bei Tesla. Er ist 2008 zu Apple gestossen und ist dort aktuell «Senior Manager Product Design».
  • Hugh Jay ist im Januar 2015 zu Apple gestossen. Er bringt dem Unternehmen Erfahrung als Engineer für Gangschaltungen in Autos. Mittlerweile aber arbeitet Jay am iPhone mit, kümmert sich dort um die Integration des OLED Screens
  • Mujeeb Ijaz, seit 2014 bei Apple, bringt Erfahrung in Punkto Lithium-Ionen-Batterie

Das Team soll aus bis zu 1000 Personen bestehen und an Project Titan arbeiten. Project Titan, so weit bekannt, sei die Entwicklung eines Elektrofahrzeuges. Denn nur für Software oder einige Komponenten wie Apple Car Play, das oben auf der bestehenden Auto-Software läuft, ist das viel zu viel Manpower mit viel zu viel Expertise, die einschlägig in der Autobranche liegt aber nicht direkt softwarerelevant ist.

Project Titan kann, sollte es dann tatsächlich das Auto-Projekt sein, zusammengestückelt werden aus unzähligen Patenten, die Apple eingereicht hat. Diese reichen von automatisch getönten Scheiben über Stossdämpfer bis zu einem Schiebedach.

Die Idee eines Apple-Autos beflügelt aber die Fantasie von Fans und Designern weltweit. In einem Wettbewerb der Site Freelancer.com haben über 200 Designer ihrer Fantasie freien lauf gelassen. Einige Designs habe ich zur Illustration dieses Artikels verwendet.

Das Auto als Part des Ökosystems
Apple dürfte das Auto nicht als «das Teil, das in der Garage steht, das Software braucht» verstehen, sondern als Part des mittlerweile doch recht breiten Ökosystems des Unternehmens. Interkonnektivität mit allen anderen Geräten dürfte gross geschrieben werden. Sprich: Wenn Sie Ihr Haus verlassen, merkt Ihr HomePod, dass Ihr iPhone sich in Richtung Auto bewegt. Ihr Apple Car öffnet die Türen, wenn Sie die entsprechenden Berechtigungen besitzen und aktiviert den Drive Train, was bei Elektrofahrzeugen den ganzen Zündvorgang und das ganze Motorzeug ersetzt. Die Musik von Apple Music wird, sobald die Autotür offen ist, aus dem Autoradio von Beats oder Apple düdeln.

Zu all dem gehört das Hardware Design. Wenn Apple auch beim Auto seinen Kurs beibehält, dann wird der Konzern aus Cupertino genau wissen, was das Steuerrad tut, wie es sich anfühlt und unter so ziemlich allen möglichen Bedingungen reagiert. Dasselbe gilt für Pedale und so ziemlich jeden Knopf, der das Apple Car haben dürfte.

Das Hardware Design ist dann auch der grosse Knackpunkt, bei dem Augenbrauen hochgehen. Apple hat die Angewohnheit, mit Industriestandards zu brechen, wenn es um Anschlüsse geht. Historisch ist das nirgendwo besser als beim iPad zu sehen. Zuerst wurden iPhone und iPad mit dem Lightning Adapter geladen. Dann ist das iPad zu USB-C gewechselt, das iPhone ist aber bei Lightning geblieben. Hingegen hat das Macbook von MagSafe Charging zu USB-C gewechselt. Damit steht das iPhone jetzt schief in der Landschaft mit seinem Lightning-Kabel.

Bei Elektrofahrzeugen hat sich die Industrie vorerst mal auf den Combined Charging Standard CCS geeinigt. CCS2 hat sich zumindest in Europa gegen CHAdeMO und GB/T durchgesetzt. Japan setzt auf CHAdeMO, China mag GB/T und Tesla hat seine eigene Charger-Technologie, die CCS2 aufs Haar gleicht aber einen Zacken mehr im Stecker hat, der ihn inkompatibel mit irgendetwas ausser Tesla macht.

Droht uns Apple Car Charge?