Finanzielle Sicherheit ist planbar – in begrenzter Form

Der Wunsch nach finanzieller Sicherheit ist ein menschliches Grundbedürfnis. Kein Wunder, halten sich viele vom Auf und Ab der Aktienmärkte fern. Das muss nicht sein.

In diesem Sommer widmete sich das Investmentmagazin der VP Bank in Liechtenstein ganz dem Thema «Sicherheit». Der Untertitel: «Warum wir sie brauchen und wie wir uns verunsichern lassen», verspricht Beruhigung in unruhigen Zeiten. Das ist einfacher gesagt als erreicht. Es bedarf gar nicht des Diktums von VP Chief Investment Officer Felix Brill, dass die Menschen auch im Grad ihrer möglichen Verunsicherung sehr verschieden sind, um zu verstehen, dass viele Möchtegern-Anleger einen Bogen um die Finanzmärkte machen. Sie wollen einen weiteren Wackelfaktor in ihrem Leben vermeiden. Einfache Anlegertipps helfen da nur begrenzt. Bankkunden müssen grundsätzlicher aufgeklärt und sich über ihre eigene Unsicherheitstoleranz klar werden.

Das persönliche Depot sollte so strukturiert sein, dass man ohne Druck kaufen und verkaufen kann. Ein Jahr mit 20 Prozent Kursverlust muss man aushalten können, ohne in Panik zu verfallen.

Jürgen Dunsch, Wirtschaftsredaktor

Deutlich zeigt sich dies bei Hypotheken für Immobilienkäufe, für viele die grösste Investition in ihrem Leben. In der Regel sind Saronhypotheken im Zins günstiger als Festzinsdarlehen. Allerdings kann der Zinssatz über die Jahre erkennbar schwanken. Die meisten Antragsteller entscheiden sich daher erfahrungsgemäss für fünf- oder zehnjährige Laufzeiten mit einem festen Zins. Sicherheit kostet Geld.

Klarheit über die eigene Risikotoleranz
Wer freie Mittel zum Anlegen hat, muss vor konkreten Aufträgen ebenfalls seine Risikotoleranz klären. Wichtig dabei: Verluste wirken schmerzhafter als die Freude über Gewinne, wie Psychologen eins ums andere Mal bestätigen. Nur wenige schaffen es, beide Faktoren gleich zu gewichten. Man kann Geld einfach auf dem Konto herumliegen lassen, doch dann entstehen «Opportunitätskosten» in Gestalt entgangener Kapitalerträge. Danach geht es auf der Risiko-Leiter rasch aufwärts: Festgeld, Obligationen mit festem Zins, Aktien, sogenannte alternative Anlagen und strukturierte Produkte lauten die Stichwörter. Hier handeln viele Banken trotz des Anlegerschutzes immer noch leichtfertig, indem sie das Risikomass ihrer Kunden im Zweifel zu hoch als zu tief ansetzen. Gerne empfehlen sie Anlagen im Ausland, obwohl nur ein gesunder «home bias» zum Beispiel Währungsrisiken ohne weitere Absicherungskosten ausklammert. Dem Unsicherheitsfaktor in den Anlegerseelen wird gerne durch die Empfehlung einer 60:40 Aufteilung zwischen Aktien und Obligationen Rechnung getragen. Eine Klasse gewinnt fast immer, der gleichzeitige Fall von Aktien- und Bondkursen im Jahr 2022 bildet eine Ausnahme. Aber angesichts der wachsenden Staatsschulden rund um die Welt bietet sich inzwischen ein Abschmelzen der Quote von staatlichen Anleiheemittenten an. Dan Scott, Head Multi Asset bei Vontobel, geht sogar noch weiter mit der Einschätzung: «Eine ausgewogene Asset Allocation dürfte in Zukunft eher aus 60 Prozent Aktien, 20 Prozent Anleihen und 20 Prozent liquiden alternativen Anlagen bestehen.» In diesem Zusammenhang sind für ihn heutzutage auch Gold und Rohstoffe ein Muss.

Vorsicht bei Megatrends
Die Studie der VP Bank erinnert daran, dass Investieren Risiken mit sich bringt. Auch weniger erfahrene Anleger wissen: Nicht alle Eier sollten in einen Korb gelegt werden, und an den Finanzmärkten glänzen vor allem diejenigen mit einem langen Atem. Aktien mit sicheren Dividenden können ebenfalls das Auf und Ab in den Depots glätten. Vorsicht dagegen bei «Megatrends». Sie gaukeln eine gerade Aufwärtsbewegung vor, die nur zu oft Lügen gestraft wird. Eine letzte Beobachtung: Das persönliche Depot sollte so strukturiert sein, dass man ohne Druck kaufen und verkaufen kann. Ein Jahr mit 20 Prozent Kursverlust muss man aushalten können, ohne in Panik zu verfallen.

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