Kühne drängt in die Gesundheitssparte – Dominik de Daniel neuer CEO der Kühne Holding AG

Neuer Chef, neue Unternehmen: Dominik de Daniel soll für Klaus-Michael Kühne im Gesundheitssektor zukaufen. Das Geld hierfür ist da.

Deutschland zählt etwa 175 Milliardäre. Der reichste ist Klaus-Michael Kühne mit einem vom Magazin «Forbes» geschätzten Vermögen von rund 40 Milliarden Dollar. Kühne lebt trotz seiner Heimatverbundenheit allerdings nicht in Deutschland, sondern in Schindellegi über dem Zürichsee, dort, wo der Logistikriese Kühne+Nagel thront. Auch Reichtümer wollen gut verwaltet sein. Bei dem Superverdiener aus Hamburg geschieht dies in der Kühne Holding AG. Bekannte Vermögenswerte sind die 54,1 Prozent an Kühne+Nagel, 30 Prozent an der Reederei Hapag-Lloyd, 18,8 Prozent an der Lufthansa sowie 10 Prozent am Chemikalienhändler und Dax-Wert Brenntag.

In den kommenden Jahren wollen wir rund ein Drittel der Finanzzuflüsse der Kühne Holding im Gesundheitssektor investieren.

Dominik de Daniel, Chief Executive Officer, Kühne Holding AG

Seit April wacht der aus dem deutschen Rheinfelden stammende Dominik de Daniel über den Schatz des Reichen. Er ist der erste Chief Executive Officer (CEO) von Kühnes Finanzvehikel. Sein Vorgänger, CEO und Präsident des Verwaltungsrats in einem, beschränkt sich seither auf das zweite Amt. Im persönlichen Austausch findet der Neue rasch einen guten Draht zu seinen Gesprächspartnern. Man gewinnt den Eindruck, Zuversicht und Neugier auf das Kommende paare sich mit Respekt vor der Aufgabe und ein klein wenig Stolz auf das bisher von ihm Erreichte. Nach Schindellegi gelangte der vormalige Finanzchef des Schweizer Warenprüfungskonzerns SGS über einen Headhunter, der ihn im März 2023 in den Verwaltungsrat der Holding vermittelte.

Dominik de Daniel wagt den Sprung von einem Unternehmen mit vielen Aktionären zu einem Konzern mit einem Grand Old Man.

Doch welch ein Altersunterschied zwischen dem 48 Jahre alten de Daniel und seinem obersten Dienstherrn Kühne, der inzwischen 87 Jahre zählt. Beide begannen ihren beruflichen Weg über eine Banklehre. Aber im Temperament zeigen sich weitere Unterschiede. Hier der agile Frühaufsteher, Spross einer Hugenottenfamilie, der mit 17 Jahren bei der Deutschen Bank in Lörrach ausgebildet wurde. Später arbeitete er in Frankfurt als Finanzanalyst; dies schimmert immer noch ein wenig durch. Dort der Firmenpatriarch und für hartes Durchgreifen bekannte Klaus-Michael Kühne. Zuletzt hat er dies bei dem Immobilieninvestor René Benko unter Beweis gestellt, wo auch er engagiert war. Als Kühne das windige Geschäftsgebaren von Benko – wenn auch spät - durchschaute, zog er sich im November 2022 Knall auf Fall zurück.

Die Beteiligung an der Signa Prime Selection in Höhe von 10 Prozent ist 2023 abgeschrieben worden. Ungeachtet dessen bleiben Immobilien «eine wichtige Ergänzung der industriellen Beteiligungen der Kühne Holding», stellt de Daniel klar. Kühne setzt gerne auf relativ konservative Anlagen mit Entwicklungspotential. Das gilt auch für ein völlig neues Geschäftsfeld der Holding: die Gesundheitsbranche. De Daniel erläutert: «Uns interessieren die Bereiche Medizinprodukte und -technik sowie Dienstleister für die Pharmaindustrie. Die eigentlichen Pharma-Hersteller stehen dagegen weniger im Fokus.»

Ein erster Schritt ist gemacht. Im April gab die Holding den Mehrheitserwerb der Aenova Group in Straubing bei München bekannt. Mit rund 4’000 Mitarbeitern an 14 Standorten in Europa und den USA erzielte die Gruppe 2023 einen Umsatz von 830 Millionen Euro. Sie sieht sich unter den zehn grössten Pharma-Auftragsherstellern in der Welt und soll mit der Kühne Holding «strategisch und operativ» weiterentwickelt werden, wie es in der Mitteilung heisst. Im Gespräch zieht de Daniel die grosse Linie: «In den kommenden Jahren wollen wir rund ein Drittel der Finanzzuflüsse der Kühne Holding im Gesundheitssektor investieren. Damit etablieren wir ein zweites Standbein, wenn auch ein deutlich kleineres als unsere Beteiligungen in Logistik und Verkehrswesen». Geld ist da. Allein Kühne+Nagel brachte Kühnes Schatztruhe für 2023 trotz Dividendenkürzung brutto rund 650 Millionen Franken. Ganz abgesehen davon stehen für Akquisitionen breite Kreditlinien bereit.

Dominik de Daniel wagt den Sprung von einem Unternehmen mit vielen Aktionären zu einem Konzern mit einem Grand Old Man. «Ich habe mehrfach mit starken Unternehmerpersönlichkeiten zusammengearbeitet und empfand dies stets als eine Bereicherung», sagt er, und kann auf einen ebenfalls prominenten Vorgänger verweisen: Klaus Jacobs aus der gleichnamigen Kaffee- und Schokoladendynastie im Zeitarbeitskonzern Adecco.

Hauptbildnachweis: Kühne+Nagel