Hermès macht alles anders

Bei Hermès dreht sich traditionell alles um das, was nur menschliche Hände leisten können. Es gibt Fashionfirmen, es gibt Luxusfirmen und es gibt Hermès.

Seit seiner Gründung im Jahr 1837 durch Thierry Hermès, einem Sattlermeister, verfolgt das Unternehmen sein Geschäftsmodel ganz konsequent und ohne nach links oder rechts zu schauen. Heute wird das Familienunternehmen Hermès von der sechsten Generation unter Axel Dumas geführt. Er hat das System Hermès perfektioniert und bringt neben Geld auch eine unglaubliche Leidenschaft für das Geschäft ein. Die Strategie des Unternehmens basiert auf drei Pfeilern: Kreation, Handwerkskunst und exklusiver Vertrieb. Dabei zeichnet sich Hermès durch einen extremen Fokus aus: eine Marke, eine Branche, eine Marke und eine Familie.

Trendsetter statt Trendfollower
Bei der Kreation ist Hermès bestrebt, einzigartige, originelle und zeitlose Produkte zu erschaffen. Das Resultat sind handgefertigte Taschen, die auch noch nach zwanzig Jahren schön sind. Das zeigen die Preise, zu denen diese auf dem Occasions-Markt gehandelt werden. Die langlebige Schönheit beruht auf der hochwertigen Qualität. Dies weckt das Begehren der Kunden, die zudem wissen, dass Hermès-Produkte selten an Wert verlieren. Im Marketing verfolgt das Unternehmen eine «Push»-Strategie. Diese basiert auf dem Wissen um die Stärke der eigenen Kreativität und der Marke. Hermès setzt Trends und rennt nicht den vermeintlichen Trends der Konkurrenten nach.

Hermès verzeichnete in den letzten beiden Jahrzehnten ein kontinuierliches knapp zweistelliges Wachstum pro Jahr. Die Rentabilität ist hervorragend mit Betriebsmargen von über 40 und einer Kapitalrendite von über 60 Prozent.

Beat Keiser, Head of Equities, Rothschild & Co Bank

Bei der Herstellung setzt Hermès seit Jahrzehnten auf Handwerker in kleinen Manufakturen, welche die Taschen mit jahrhundertealten Techniken, dem «savoir faire», herstellen. Dazu gehört zum Beispiel der so genannte Sattelstich. Die Fertigung findet zu einem Grossteil in Betrieben mit maximal 300 Angestellten und im «teuren» Frankreich statt. Kritiker verurteilen dies als ineffizient. Hermès ist der Meinung, dass man sich dies leisten kann und will und dass alles einen Preis hat. Der Verkauf der Produkte erfolgt fast ausschliesslich in den eigenen Hermès Boutiquen mit ihrer einzigartigen, warmen Atmosphäre. Deren Geschäftsführer sind «Mini-CEOs». Sie kennen ihre Kundschaft und entscheiden selbst, welche Produkte sie anbieten. Entsprechend führt jede Boutique ein anderes Sortiment, basierend auf den Wünschen der lokalen Gesellschaft. Dies unterscheidet die Hermès-Boutiquen von den meisten Konkurrenten, deren Sortimente austauschbarer Massenware entsprechen.

Der Handwerker und «seine» Tasche
Das Geschäftsmodel von Hermès lässt sich am Beispiel der Birkin- und Kelly-Taschen, illustrieren. Ein Handwerker stellt diese Taschen allein in rund 20 Stunden her. In sein Werk setzt er seinen ganzen Berufsstolz und seine Seele. Sollte die Tasche irgendwann einmal repariert werden müssen, ist es wahrscheinlich, dass der Handwerker sich wieder «seiner» Tasche widmen wird. Das Festhalten an der Tradition und dem Handwerk bringt es mit sich, dass Hermès die grosse Nachfrage nach diesen Taschen nicht befriedigen kann. Das Unternehmen kann sein Angebot höchstens im einstelligen Prozentbereich erhöhen. Limitierender Faktor ist der Mangel an Fachkräften. Diese müssen erst ausgebildet werden, bevor sie bei Hermès zur Manufaktur zugelassen sind. Auch der Vertrieb der Birkin- und Kelly-Taschen ist einzigartig. Das Unternehmen wirbt nicht für sie. Man kriegt sie auch nicht in einem Schaufenster einer Hermès-Boutique zu Gesicht. Aufgrund der hohen Nachfrage muss ein Kunde erst «beweisen», dass er eine solche Tasche «verdient». Dies, indem er oder sie zum Beispiel andere Produkte von Hermès kauft und so Loyalität zur Marke zeigt. Hilfreich ist es immer, wenn der potenzielle Käufer zeigt, dass er ein guter Markenbotschafter ist. Die begehrten Taschen verkauft Hermès übrigens unter dem Marktwert. Auf dem Gebraucht-Markt werden die Kelly- und Birkin-Bags üblicherweise um bis zu 40 Prozent teurer gehandelt. Dies aufgrund des knappen Angebots und ihres Status als begehrte Investitionsobjekte. Trotz der hohen Nachfrage zeigt sich das Unternehmen nicht gierig. Die Preise seiner Produkte steigen im Einklang mit der Inflation.

Hermès’ Emanzipation zum Beziehungsgeschäft
Die starke Kundenbindung und die limitierte Verfügbarkeit der Produkte haben dazu geführt: Zu Hermès haben Kunden eine Beziehung. Das Unternehmen hat sich vom reinen Verkaufsgeschäft emanzipiert. Dies mit positiven Folgen: Es muss nicht mehr täglich um die Verkäufe und Umsätze kämpfen. Dies unterscheidet Hermès deutlich von den meisten anderen Luxus- oder Konsumgüterfirmen. Das Geschäftsmodell spiegelt sich auch in den Zahlen wider. Hermès verzeichnete in den letzten beiden Jahrzehnten ein kontinuierliches knapp zweistelliges Wachstum pro Jahr. Die Rentabilität ist hervorragend mit Betriebsmargen von über 40 und einer Kapitalrendite von über 60 Prozent.

Alle Faktoren, die Hermès Einzigartigkeit verleihen, führen dazu, dass Hermès als attraktives Investment wahrgenommen wird und daher eine hohe Bewertung auf dem Markt geniesst.

Hauptbildnachweis: Hermès