Carry is King!
Während das Zutrauen der Zentralbanken wächst, lässt die makroökonomische Dynamik nach. Unternehmensanleihen könnten von einem solchen Szenario profitieren.
Das makroökonomische Bild wird zusehends unbeständiger, da die geopolitischen Risiken zunehmen. Europa hat weiterhin zu kämpfen – insbesondere Deutschland – und die Dynamik in den USA lässt langsam nach. Dennoch ist insgesamt nicht mit einer Rezession zu rechnen.
Weitere Zinssenkungen der Zentralbanken möglich
Weltweit gesehen ist das verarbeitende Gewerbe am stärksten betroffen, da es mit einem Rückgang der Auftragseingänge, der Möglichkeit von Handelskriegen und eskalierenden politischen Risiken konfrontiert ist. Der Dienstleistungssektor hat in der Vergangenheit die Schwäche des verarbeitenden Gewerbes kompensiert, wird aber in absehbarer Zukunft wahrscheinlich nicht in gleichem Masse dazu beitragen können. Andererseits scheinen die Zentralbanken zunehmend zuversichtlich zu sein, ihre Inflationsziele bis in diesem Jahr zu erreichen, was zu weiteren Zinssenkungen führen könnte. Es ist davon auszugehen, dass die US-Notenbank Fed die Zinsen bis Mitte des Jahres auf etwa 3% bis 3,25% senken wird.
Erick Muller, Market and Product Strategy, Muzinich & Co.Es ist davon auszugehen, dass Unternehmensanleihen in diesem Jahr und in einem solchen rezessionsfreien Szenario von stabilen Fundamentaldaten und einer anhaltenden Anlegernachfrage profitieren werden.
Die Europäische Zentralbank scheint ebenfalls zuversichtlich zu sein, ihr Inflationsziel von 2% bis Ende dieses Jahres zu erreichen. Das schwache Wirtschaftswachstum in den Kernländern der Region könnte jedoch eine Beschleunigung der geldpolitischen Lockerung erforderlich machen, wobei die Leitzinsen bis Mitte 2025 auf 2% zu liegen kommen könnten.
Was ist für Fixed Income 2025 zu erwarten?
Während die Kreditmärkte im laufenden Jahr mit Rücken- und Gegenwind gleichermassen konfrontiert sein werden, kann für Investment-Grade-Anlagen eine positive Gesamtrendite (in Prozent) im mittleren einstelligen Bereich, und etwas höher für Hochzinsanleihen, erwartet werden. In der zweiten Hälfte des vergangenen Jahres sind die Zinskurven wieder steiler geworden. Da die Leitzinsen weiter sinken, ist eine weitere Versteilerung der Renditekurve zu erwarten. Dies vor dem Hintergrund, da das lange Ende die Auswirkungen der zunehmenden Staatsverschuldung und des weiteren Abbaus der Staatsanleihebestände durch die Zentralbanken zu spüren bekommt.
Unternehmensanleihen über Staatsanleihen
Dies ist ein positives Zeichen für renditehungrige Anleger. Für diejenigen, die in Cash oder cash-ähnlichen festverzinslichen Produkten feststecken, bei denen die Renditen mit den Zinssätzen sinken, könnten die Anleger auf Unternehmenskredite setzen, um ihre Renditen zu steigern. Darüber hinaus besteht Grund zur Annahme, dass Unternehmensanleihen durch eine individuelle Auswahl von Krediten, Sektoren und Regionen einen Renditeanstieg gegenüber Staatsanleihen bieten können. Die Spread-Bewertungen sind eng, könnten aber ohne eine Rezession über einen langen Zeitraum so bleiben. Es ist davon auszugehen, dass Unternehmensanleihen in diesem Jahr und in einem solchen rezessionsfreien Szenario von stabilen Fundamentaldaten und einer anhaltenden Anlegernachfrage profitieren werden.
Unterschiedliche Marktlagen in den USA und in Europa
Phasen der Spread-Ausweitung können als Reaktion auf schlechte Wirtschaftsdaten oder andere Nachrichten auftreten. Jede vorübergehende Verwerfung an den Märkten kann jedoch klugen Anlegern Kaufgelegenheiten bieten. Bei den Hochzinsanleihen sollten Anlegerinnen und Anleger in den USA nach Gelegenheiten bei Titeln mit B- und BB-Rating Ausschau halten. Dort bieten sich in inländisch orientierten Sektoren wie Energie, Pharmazeutika und Immobilien interessante Chancen. Obwohl das makroökonomische Umfeld stabil ist, gibt es bei den derzeitigen Bewertungen wenig Grund, in risikoreicheren Teilen des Marktes nach Rendite zu suchen. In Europa stellt sich die Lage etwas anders dar: Hier sollten Anlegerinnen und Anleger an der Tendenz zu höherer Qualität bei Hochzinsanleihen festhalten und die Bestätigung weiterer Zinssenkungen abwarten, bevor sie weitere Kreditrisiken eingehen. Bei den Investment-Grade-Anleihen ist in Europa aufgrund der Fundamentaldaten eine grössere Anfälligkeit als in den USA festzustellen. Anleger können dies mildern, wenn sie in nachrangige Schuldtitel investieren, die von starken Investment-Grade-Unternehmen ausgegeben werden, beispielsweise aus dem Finanzsektor, wo Banken mit attraktiven Prämien aufwarten, von hochwertigen europäischen Automobilherstellern sowie aus dem Immobilien- und Gesundheitssektor. Denn das technische Bild ist nach wie vor gut und es ist davon auszugehen, dass die Anlegerinnen und Anleger das Angebot weiterhin absorbieren werden.
Konstruktiver Ausblick für Unternehmensanleihen
Insgesamt ist der Ausblick für Unternehmensanleihen konstruktiv. Es ist zu erwarten, dass die Anleger ihre Allokationen über globale und flexible Strategien diversifizieren, um die erhöhte Volatilität der Staatsanleiherenditen abzumildern. Sollte sich das Jahr 2025, wie zu erwarten, als ein Jahr erweisen, in dem «Carry is King» gilt, dürfte dies das Interesse der Anleger an allen Kreditunteranlageklassen weiter steigern. Auch wenn das fundamentale Bild zeitweise unklar werden kann, insbesondere in Europa, bleibt der technische Hintergrund stark. Die Suche nach Rendite dürfte anhalten, da die Anlegerinnen und Anleger auf der Suche nach attraktiveren Renditen Casheinlagen und Geldmarktfonds verlassen. Nichtsdestotrotz sollten die Anlegerinnen und Anleger weiterhin auf verschiedene Risiken achten, darunter erhöhte geopolitische Spannungen und Handelskriege.