Banken sind gut beraten, branchenfremde Mitbewerber zu umarmen

Diverse branchenfremde Unternehmen aus den unterschiedlichsten Bereichen bieten neuerdings Bankdienstleistungen an und fordern die etablierten Finanzdienstleister heraus. Anstatt den Kopf in den Sand zu stecken sollten, die Banken vermehrt mit diesen neuen Playern kooperieren.

Laut der Europäischen Bankenvereinigung trägt der Finanzdienstleistungssektor in der Schweiz, der 246 Banken und 199 Versicherungen umfasst, rund 14 Prozent zur Bruttowertschöpfung des Landes bei. Swiss Banking blickt auf eine lange Tradition zurück. Dementsprechend selbstbewusst gibt sich die Branche. So herrscht die weit verbreitete Meinung, dass neue digitale Entwicklungen auf die eine oder andere Art bewältigt werden, und dass die Bankenwelt unabhängig davon überleben und weiterhin florieren wird, wie sie es schon immer getan hat. Der Finanzdienstleistungsmarkt in der Schweiz wird derzeit jedoch stark herausgefordert. Angetrieben von Veränderungen in der Kundenansprache, neuen Produkten und digitalen Tools stellen Kunden, Aufsichtsbehörden, Wettbewerber und neue Marktteilnehmer den Status quo in Frage.

Banking is necessary. Banks are not.

Bill Gates

Eine grosse Entwicklung, die derzeit zu beobachten ist, ist der Einstieg branchenfremder Wettbewerber in den Zahlungsbereich. Detailhändler, Marktplätze und Internetdienste etablieren neuerdings Bankprodukte als Teil ihres Kernangebots. Uber bietet seinen Fahrern beispielsweise Bankdienstleistungen an, Google führt Bankprodukte ein und zahlreiche Detailhändler entwickeln ihre eigenen Zahlungslösungen.

Es lohnt sich über den eigenen Tellerrand hinauszublicken
Ein konkretes Beispiel aus der Schweiz ist Financescout24. Dieses Unternehmen bündelt Bank- und Versicherungsprodukte, die online gegenübergestellt werden können. Auf der entsprechenden Homepage können beispielsweise Hypotheken oder Versicherungen verglichen werden. Das Unternehmen offeriert darüber hinaus weitergehende Dienstleistungen und eigene Bankprodukte. Etablierte Finanzhäuser wären demnach gut beraten aktiv zu werden und die Initiative zu ergreifen, wie das beispielsweise die UBS mit Key4 tut. Dabei handelt es sich um eine Plattform, die sowohl Internetdienstleistungen (z.B. Hypothekenvergleiche) als auch physische Bankdienstleistungen anbietet. Die Grossbank hat also ein eigenes Ökosystem für die Beschaffung von Hypotheken aufgebaut und kooperiert dabei mit Financescout24.

«Build versus Buy»-Dilemma
Banken sehen sich oftmals mit einem «Build versus Buy»-Dilemma konfrontiert. Sobald eine neue Anwendung im Bankensektor an Bedeutung gewinnt, nehmen IT-Manager von Banken zuweilen reflexartig für sich in Anspruch, eine bessere, schnellere und günstigere IT-Lösung für die eigene Bank bauen zu können.

Die Bankenbranche hat aufgrund ihrer vermeintlichen Wettbewerbsfähigkeit deutlich zu viel Selbstvertrauen entwickelt.

Oliver Werneyer, CEO Imburse

Gerne wird dabei auch noch der Aspekt der Datensicherheit in die Waagschale geworfen. Leider handelt es sich dabei aber oftmals um eine völlige Fehleinschätzung der eigenen Stärke. Ein konkretes Bespiel auf dem Schweizer Markt ist die Bezahlungslösung «Paymit», die 2016 von fünf Banken und der Börsenbetreiberin Six als Challenger zur Postfinance-Lösung «Twint» lanciert wurde: Bereits nach einem Jahr wurde «Paymit» mit «Twint», der klar besseren Anwendung, fusioniert. Die nicht unerheblichen IT-Entwicklungskosten für «Paymit» wurden abgeschrieben. Zurück blieb ein unschönes Kostengrab.

Besser, günstiger und schneller bleiben leere Versprechen
In der Praxis zeigt sich, dass interne IT-Lösungen selten reüssieren. Zudem verschlingt deren Entwicklung meist enorme Budgetmittel. Last but not least erfolgt der Launch entsprechender Projekte auf der Zeitschiene so gut wie nie plangemäss. Besser, günstiger und schneller bleiben leere Versprechen. Die bittere Wahrheit ist, dass viel Projekte sang- und klanglos eingestellt werden. Studien zeigen, dass 70 Prozent der internen IT-Projekte als Folge von Kostenüberschreitung oder aufgrund unzureichender Kundenakzeptanz scheitern. Die Hauptursachen sind unrealistische oder falsch abgestimmte Erwartungen, Interessenskonflikte zwischen Kunden, Anbietern und Integratoren sowie Probleme bei der Organisationsstruktur. Vor diesem Hintergrund sind etablierte Banken gut beraten, sich auf externe IT-Lösungen, die durchaus auch von branchenfremden Unternehmen entwickelt werden können, einzulassen.

Oliver Werneyer hat 2018 zusammen mit Carl Strempel Imburse gegründet. Das Unternehmen mit Sitz in Zürich und London verfügt über eine Zahlungsplattform, die alle Transaktionstechnologien von verschiedenen Anbietern unterstützt und zusammenführt.