Twint auf Abwegen

Twint ist eigentlich eine Erfolgsgeschichte. Mit mehr als vier Millionen aktiven Nutzern ist die Bezahl-App führend in der Schweiz. Jetzt prüft das Unternehmen, das im Besitz der Schweizer Banken ist, offenbar die Einführung einer äusserst fragwürdigen Kredit-Option und öffnet damit der Schuldenfalle Tür und Tor.

Einkaufen auf Rechnung – etwas unverfänglicher als «Buy now, pay later» formuliert – ist ein überaus interessantes Wachstumsfeld im hart umkämpften Payment-Geschäft. Das hat offenbar auch das Twint-Management erkannt. Neu soll Twint-Nutzern im Rahmen einer Kooperation mit der Cembra Money Bank, notabene der grössten Anbieterin für Konsumkredite, die mit hohen Kreditzinsen von sich reden macht, der Ratenkauf auf Kredit schmackhaft gemacht werden. Im Vordergrund dieser fragwürdigen Idee dürfte weniger das Kundeninteresse stehen, als vielmehr der Umstand, dass damit neues Ertragspotenzial realisiert werden kann. Damit verspielt das Management von Twint das Vertrauen und die Sympathie in die eigene Marke, denn offenbar werden finanzielle Eigeninteressen höher gewichtet als der Schutz der Nutzer-Community vor der Kredit-Schuldenfalle. «Wir können bestätigen, dass die Ratenzahlung vorerst nicht Teil des Angebots sein wird», entgegnet die Medienstelle von Twint mit einem halbherzigen Dementi. Das Unternehmen lässt sich mit der gewählten Fomulierung «vorerst» aber erst einmal eine Hintertüre offen.

Jede offene Rechnung die man noch nicht bezahlt hat, stellt ein Risiko dar.

Schuldenberatung Schweiz

Parkuhren bezahlen, kleine oder grössere Beträge unkompliziert und zeitnah an Freunde oder an Familienmitglieder überweisen oder im einfach im Ladengeschäft bargeldlos bezahlen. Twint hat sich in der Schweiz als sympathische Marke und als praktischer Helfer in der Welt des bargeldlosen Einkaufens als sichere Bezahl-App etabliert. Auch im Handel stösst das Unternehmen auf viel Wohlwollen. Nicht zuletzt aufgrund der tieferen Gebühren gegenüber Debit- und Kreditkarten, die Händler für die Akzeptanz von bargeldlosen Zahlungen an das Unternehmen entrichten müssen – die Haupteinnahmequelle von Twint.

Wir können bestätigen, dass die Ratenzahlung vorerst nicht Teil des Angebots sein wird.

Ettore Trento, Mediensprecher Twint

Natürlich ist es legitim, das Unternehmen wachsen wollen und dabei auch neue Ertragsströme suchen. Im Falle von Twint liegt die Einführung von Einkäufen auf Kredit, auf Pump also, natürlich auf der Hand, zumal die Zusammenarbeit mit Kreditanbietern hohe Margen verspricht. Was nicht auf der Hand liegt, ist der Entscheid des Managements, dieses fragwürdige Geschäft aktiv zu betreiben und damit die Twint-Nutzer dem Risiko auszusetzen, in die Kredit-Schuldenfalle zu tappen, sollten Ratenzahlungen dann doch dereinst möglich sein. Mit ziemlicher Sicherheit dürften die Geschäftsleitung von Twint dieses Reputationsrisiko abgewogen haben. Möglicherweise ist das Management in der Risikoabwägung aber zum Schluss gekommen, dass finanzielle Eigeninteressen höher zu gewichten sind als ein Geschäftsmodell, dass etwas weniger lukrativ, dafür aber aus moralischen und ethischen Gründen über jeden Zweifel erhaben ist. Das wäre schade und würde die dunkle Seite einer Marke zeigen, die im Bestreben zu wachsen, Prinzipien über Bord wirft, die sie eigentlich gross gemacht haben.

Hauptbildnachweis: Twint