Warum der Quintet-Niedergang in der Schweiz kein Grund zur (Schaden-) Freude ist

Vergangene Woche hat die katarisch kontrollierte Finanzgruppe Quintet via Medienmitteilung mitgeteilt, dass sie sich aus dem Schweizer Markt zurückziehen will. Gespräche über einen Personalabbau seien in Gang gesetzt worden, hiess es weiter. Zur Disposition stehen offenbar ein Verkauf der Geschäftseinheit, sofern sich ein Käufer findet, oder deren Abwicklung.

Die im Besitz der Herrscherfamilie Al Thani befindliche Finanzgruppe Quintet hat im Jahr 2020 mit der Übernahme der Zürcher Bank am Bellevue aufhorchen lassen. Ihre Expansion in die Schweiz liess sich die katarische Eigentümerschaft, die auch eine Beteiligung an der Deutschen Bank hält, mehrere Millionen Schweizer Franken kosten. Um den angestrebten Ambitionslevel zu unterstreichen, wurden namhafte Bank-Manager verpflichtet sowie Büros an der respektablen Zürcher Bahnhofstrasse bezogen. Als treibende Kraft der Schweizer Wachstumspläne von Quintet galt bis zu seinem unerwarteten Tod im Jahr 2020 Jürg Zeltner, der bis Ende 2017 das Vermögensverwaltungsgeschäft der UBS verantwortete. Seinem Ruf an die neue Adresse folgten denn auch verschiedene Weggefährten aus der UBS. Der neue Marktplayer vermittelte der lokalen Finanzgemeinde damit aber nicht nur eine hohe Attraktivität und eine vielversprechende Perspektive als Arbeitgeber.

Der lachende Dritte ist oftmals nur aus Verzweiflung lustig.

Gerd W. Heyse (1930 – 2020), deutscher Aphoristiker und Lyriker

Die lokale Führungsriege zog sich mit ihrem gesunden Selbstvertrauen auch relativ rasch die Missgunst aus Branchenkreisen zu. In der Folge wurden die Erfolgsaussichten der Schweizer Niederlassung von Quintet mehr oder weniger offen angezeifelt. Dann kam die Pandemie. Und mit ihr die Einsicht der Eigentümerschaft, dass sich die Expansion in die Schweiz möglicherweise als ein überaus langwieriges und kostenintensives Unterfangen erweisen könnte. Jakob Stott, der ebenfalls von der UBS als designierter Leiter Wealth Management zu Quintet stiess und heute als Gruppen-CEO in der Luxemburger Zentrale amtet, formulierte den katarischen Sinneswandel so: «Es würde sehr lange dauern, und wir müssten sehr grosse personelle Ressourcen, aber auch Kapital und Energie investieren, bis wir in der Schweiz die Gewinnzone erreichen würden.» Möglicherweise ist das eine etwas späte Einsicht, aber mit Sicherheit keine gute Nachricht für den Schweizer Finanzplatz, der sich im Rahmen der anhaltenden Konsolidierung zusehends ausdünnt. Vor diesem Hintergrund erscheint auch die Häme, die der Schweizer Belegschaft von Quintet teilweise aus Branchenkreisen entgegenschlägt, wenig angezeigt. Die Rede ist immerhin von über 80 Kolleginnen und Kollegen, die in den nächsten Wochen und Monaten ihren Job verlieren dürften. Das Beispiel Quintet zeigt zudem eindrücklich auf, wie schwierig sich der zukünftige Weg auch für etablierte Bankinstitute in der Schweiz gestalten könnte.

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