Satire: Inside Bank Rupp & Cie – Workation

Inside Bank Rupp & Cie (bæŋkrʌptsi) ist eine satirische Kolumne und handelt vom Innenleben einer Bank und anderen Unzulänglichkeiten des Lebens. Heute zum Thema Workation, ein aus dem Home-Office hervorgegangenes Arbeitszeitmodell, bei dem Work (Arbeit) und Vacation (Urlaub) verschmelzen.

«Sag noch mal, wie heisst das schon wieder?», fragte Max Schäppi seinen Kollegen Fabio Lehner. Sie sassen nach einer gemeinsamen Spinning-Stunde bei einem Smoothie in der schicken Lounge eines Fitnesscenters in der Zürcher Innenstadt und unterhielten sich über dieses und jenes. Und auch über anderes.

«Krypto?»

Lehners Vorschlag war naheliegend, nachdem er seinen Kollegen bis zur Trainingsminute sieben von der absoluten Unbedenklichkeit von Krypto-Investments zu überzeugen versucht hatte.

«Aber Krypto heisst doch übersetzt nichts anderes als versteckt oder heimlich», hatte Schäppi Lehners schönfärberischen Ausführungen entgegnet, worauf dem Managing Director der Schnauf vollends ausgegangen war.

«Nein, nicht Krypto. Ich meine das andere, das sie bei euch in der Bank neulich eingeführt haben.»

«Diversity?»

Schäppi schüttelte den Kopf.

«Striving for Excellence?» Lehner musste ob seines Vorschlags selbst lachen.

«Client Focus?», fuhr er ein wenig ernsthafter fort.

«Nein, das mit den Ferien.»

«Workation?»

«Ja, genau!», entschlüpfte es Schäppi ein wenig zu laut, sodass die anderen Gäste irritiert zu ihnen herüberschauten. «Wie funktioniert das mit dieser Workstation eigentlich? Ich habe es letztes Mal nicht ganz verstanden.»

«Workation, nicht Workstation!», korrigierte Lehner. «Voll easy. Work on Vacation, wie es der Name sagt. Dein Arbeitsplatz ist dort, wo du bist. Und umgekehrt», führte er vollmundig aus. «Funktioniert am allerbesten, wenn man outdoor ist, an der frischen Luft am Meer oder in den Bergen. Dort ist man nämlich am kreativsten, wie namhafte Wissenschaftler herausgefunden haben.»

«Und das gilt auch für Banker?» Schäppi schien der Allgemeingültigkeit der Studie nicht recht zu trauen.

«Besonders für Banker!» Lehner hatte seinen Humor nicht verloren.

Daraufhin schwiegen beide einen Augenblick. Schäppi nutzte die Zeit zum Nachdenken, während Lehner lautstark an seinem Getränk schlürfte.

Die anderen Gäste schauten schon wieder zu ihnen herüber.

«Und das ist kein Scherz?», fragte Schäppi nach längerem Überlegen.

«Not at all», antwortete Lehner in der Corporate Language. Das innovative Umfeld der Bank Rupp & Cie machte ihn schon auch ein bisschen stolz.

«Not at all», wiederholte er wichtig.

Schäppi war beeindruckt. Er benötigte erneut einen Moment, bis er zur nächsten Frage überging. Dieses neumodische Arbeitszeitmodell beschäftigte ihn zugegebenermassen mehr, als ihm lieb war. Insbesondere das mit der Verfügbarkeit war ihm noch nicht ganz klar.

«Und wie weiss man, ob ein Bankmitarbeiter gerade at work ist?», fragte er schliesslich.

«Ganz normal!», antwortete Lehner postwendend. Er schien auf die Frage gut vorbereitet und legte eine ausgedehnte Kunstpause ein, bevor er die Erklärung lieferte.

«Wenn niemand antwortet.»

Hauptbildnachweis: Walter Hollenstein