Satire: Inside Bank Rupp & Cie – Feedback

Inside Bank Rupp & Cie (bæŋkrʌptsi) ist eine satirische Kolumne und handelt vom Innenleben einer Bank und anderen Unzulänglichkeiten des Lebens. Heute zum Thema Fremdeinschätzung ...

Hans «Joe» Spalinger liess den Mann gewähren, obschon dieser bereits seit mehreren Minuten ununterbrochen auf ihn einredete. Irgendwie war ihm der gutaussehende Herr im dunkelblauen Anzug, modischem Schlips und den gepflegten rahmengenähten Budapestern sogar ein wenig sympathisch. Ein eigenartiges Gefühl, das sich bei Spalinger äusserst selten einstellte.

«Sie sind ein beeindruckender Wirtschaftskapitän», sagte der mittelaltrige Mann zu Spalinger, der das Lob mit einem angedeuteten Schmunzeln entgegennahm.

«Wirklich beeindruckend!», wiederholte er ehrfürchtig, worauf Spalinger gerührt mit der Hand abwinkte.

«Doch, doch», entgegnete der Mann, «lassen Sie es einfach so stehen!»

«Ein Macher», setzte er hinzu, «einer, auf den sich Unternehmen und Land verlassen können.»

Die letzte Bemerkung schien dem Firmenchef zu gefallen, er lächelte nun ziemlich unverkrampft.

«Frei von Eitelkeiten, einzig und allein der Sache verpflichtet.» Zur Untermauerung des Gesagten nickte der Mann mit den dichten, nach hinten gegelten Haaren heftig mit dem Kopf, womit er jegliche, auch bloss theoretische Gegenwehr im Keim erstickte.

«Gesegnet mit Intelligenz, Weitsicht und der erforderlichen Prise Coolness!» Der gute Mann war kaum zu stoppen. Selbst als Spalinger ungeniert auf die Uhr schaute, setzte er seinen Monolog gelassen fort.

«Ein Mastermind!», sagte er.

Jetzt war es auch für Spalinger des Guten fast zu viel. Er winkte bereits zum zweiten Mal ab. Und es schien, als sei ihm das Ganze tatsächlich ein wenig peinlich.

«Nein, nein», sagte der Mann bestimmt, «ein wahrer Mastermind!»

«Ein Star ohne Starallüren!»

«Ein Natural Born Leader, wie man heutzutage neudeutsch zu sagen pflegt.»

Jetzt mussten beide lachen. Spalinger sah erneut auf seine teure Armbanduhr. Ein Geburtstagsgeschenk. Zum 52sten. Selbst geschenkt. Jemand anders hätte sich das gute Stück gar nicht zu leisten vermocht.

Er musste an seine zahlreichen Neider denken und daran, wie gerne er ihnen diese schmeichelhaften Worte um die Ohren schlagen würde. Und zwar heftig, so dass es richtig wehtäte.

«Unwichtig wichtig», kalauerte der Mann, während er beiläufig sein beigefarbenes Einstecktuch zurechtrückte.

Auch Spalingers Antlitz war jetzt von einem breiten und zufriedenen Grinsen überzogen. Er war halt auch nur ein Mensch.

«Einer, der ausschliesslich im Interesse des Unternehmens denkt und lenkt und darum die besten Leute nachzieht.» Anschliessend nuschelte der Mann noch etwas von «A-Leute ziehen A-Leute an und B-Leute C …», oder so ähnlich.

«Das stimmt!» Zum ersten Mal konnte Spalinger sich eines Kommentars nicht enthalten.

«Und endlich einer, der sich noch nach dem Leistungsprinzip honorieren lässt …», sagte der Mann mit dem sportlichen Teint, bevor er in seinem Redefluss von einem lauten Brummton unterbrochen wurde.

Spalinger benötigte mehrere Versuche, bis er den unerwünschten Anrufer weggedrückt hatte. «Entschuldigung», grummelte er.

«… und nicht bloss des Geldes wegen ins Ausland abwandert», beendete der Mann nach der erzwungenen Pause seinen Satz.

«Und das, obschon es ihm nicht an zahlreichen lukrativen Angeboten mangelte», ergänzte Hans «Joe» Spalinger mit lauter, selbstbewusster Stimme.

Er schaute einmal mehr auf seine Uhr, der Zeiger zeigte schon nach sieben. Im Grunde müsste er bereits im Büro sein, schoss es ihm durch den Kopf.

Spalinger wirkte nun fast ein wenig gestresst.

«So, jetzt aber Schluss!», sagte er schroff zum Mann im Wandspiegel und klatschte dabei energisch in die Hände. Dann eilte er lauten Schrittes durch den gefliesten Flur in Richtung Tiefgarage und ärgerte sich schon im Aufzug masslos darüber, dass dieser Schlipsträger das Wort unersetzlich nicht erwähnt hatte.