Inside Bank Rupp & Cie – Dienstjubiläum

Inside Bank Rupp & Cie ist eine satirische Kolumne und handelt vom Innenleben einer Bank und anderen Unzulänglichkeiten des Lebens. Heute zum Thema «Dienstjubiläum».

Gregor Burri sass an der Jahresveranstaltung im grossen Foyer der Bank in der zweitletzten Reihe. In sich gekehrt und den Blick nach unten gerichtet, hörte er, wie Heinz Hugentobler, der zweite Mann im Workforce Management – wie die Personalabteilung sich seit der letzten Reorganisation nannte – auf der grossen Bühne das Wort zum Thema Personelles ergriff. Hugentobler begann mit den Auszubildenden, die in diesem Jahr ihre Abschlussprüfungen bestanden hatten, ging weiter zu den Beförderungen und endete schliesslich bei den Dienstjubilaren, den sogenannten Knowhow-Trägern.

Für fünf Jahre Bank Rupp & Cie gab es einen grossen, aus Reputationsgründen klimaneutralen Früchtekorb samt Hotelgutschein im Wert von 375 Franken und nach zehn Jahren denselben Korb und 800 Franken obendrauf. Das ging so weiter, bis man nach dreissig Dienstjahren zwar keinen Früchtekorb mehr geschenkt erhielt, dafür aber einen Gutschein im Wert von 3'500 Franken oder dann halt sieben Ferientage zusätzlich. Danach war Schluss mit den Treuegeschenken. Endgültig Schluss!

Dieses Jahr gab es nebst zwei Berufsabschlüssen und sieben Beförderungen auch drei Dienstjubiläen zu feiern. Frau Dr. Ines Maurer von der internen Rechtsabteilung, Erwin Klöti vom Zahlungsverkehr und er selbst, Gregor Burri von der Wertschriftenabwicklung.

Burris 30-jähriges und damit letztes Jubiläum!

Das allerdings unterging, weil sein Eintrittsdatum bei der letzten IT-Migration vor zwei Jahren irrtümlich gelöscht worden war, ohne dass beim Workforce Management jemand den Fehler bemerkt hatte. Und so geschah, was geschehen musste: Hugentobler erklärte den Apéro riche bereits für eröffnet, nachdem der Applaus für Klötis Fünfzehnjähriges verklungen war.

Gregor Burri atmete tief durch.

Später, als er mit seinen Abteilungskollegen Mettler und Senn um einen der Stehtische stand und mit einem Glas Rotwein anstiess, kam Burri nochmals auf das Malheur zu sprechen. Aber auch nur, weil Mettler eine Bemerkung hatte fallen lassen und jetzt offenbar eine Antwort von ihm erwartete.

«Eine verdammte Schweinerei ist das! Die da oben wollen das Geld wohl lieber für sich selbst behalten», hatte Mettler geschimpft und dabei theatralisch zur Decke geblickt. Er hatte den ersten Satz noch einmal wiederholt und dann zum Kollegen Senn geschaut, der darauf einen eigenen, noch viel wüsteren Fluch ausgestossen hatte.

«Völlig egal …», gab Burri gleichgültig zur Antwort. Dann fügte er dem Gesagten noch etwas hinzu: «Im Gegenteil», bemerkte er, «im Grunde bin ich sogar froh darum!». Man konnte seiner Stimme in der Tat eine gewisse Erleichterung entnehmen.

Mettler und Senn verstanden die Welt und auch ihren langjährigen Kollegen nicht mehr. Ungläubig starrten sie ihn an, und zwar so lange, bis Gregor Burri nicht mehr anders konnte und sich schliesslich erklärte.

«Nach so vielen Dienstjahren ist es vielleicht besser, wenn sie es nicht merken», sagte er, ohne den Satz zu beenden. Auf seinem Gesicht breitete sich ein zufriedenes Lächeln aus.

«Was sollen sie nicht merken?», fragte Senn, der schon seit jeher ein wenig begriffsstutzig war.

«Dass man noch da ist!»