Der Ausgang der US-Präsidentenwahl wirkt sich nur marginal auf die langfristigen Marktrenditen aus
Das vergangene Jahr hielt für Anleger einige Überraschungen bereit und auch 2024 verspricht turbulent zu werden – dazu tragen nicht zuletzt die zahlreichen Wahlen rund um den Globus bei. Anleger sind deshalb gut beraten, sich an fünf Grundsätze zu orientieren, die ihnen dabei helfen können, mit ihren langfristigen Plänen auf Kurs zu bleiben.
Wahlen kommen und gehen: Ihre Auswirkungen werden häufig überschätzt
Politische Nachrichten dürften auch in diesem Jahr die Schlagzeilen beherrschen. Immerhin wird 2024 mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung an die Wahlurnen gerufen. Insbesondere rund um die US-Präsidentschaftswahlen erwarte ich kontroverse Debatten über Einwanderung, internationale Politik und soziale Fragen. Dies dürfte zu erhöhter Volatilität an den Märkten führen. Die gute Nachricht: Volatilität könne geduldigen Anlegern auch Chancen eröffnen. Qualitativ hochwertige Unternehmen geraten häufig ins Visier der Politik, woraus sich Kaufgelegenheiten ergeben können. Zudem ist zu bedenken: In den USA hatte der Ausgang einer Wahl in der Vergangenheit kaum Auswirkungen auf die langfristigen Marktrenditen. Seit 1936 hat die annualisierte 10-Jahres-Rendite von US-Aktien gemessen am S&P 500 in Wahljahren, in denen ein Demokrat gewonnen hat, 11,2% betragen und in Jahren, in denen ein Republikaner den Sieg davongetragen hat, 10,5%.
Barmittel sind möglicherweise nicht so attraktiv wie angenommen
2023 sei die Risikoaversion der Anleger in Verlustaversion umgeschlagen: Ängstliche Anleger haben Milliarden in Barmittel und Barmitteläquivalente umgeschichtet. Wenn die Unsicherheit gross ist, sucht man natürlich Sicherheit, und die attraktive Verzinsung von Geldmarktfonds und Barmitteläquivalenten mag beruhigend wirken. Aber Bargeld ist möglicherweise nicht so attraktiv, wie man meinen könnte, wenn man die Opportunitätskosten betrachtet. Anleger müssen nur einen Blick auf ihre Bilanzen für das vierte Quartal 2023 werfen, um zu erkennen, dass es riskant sein kann, an der Seitenlinie zu verharren. Der S&P 500, ein breiter Massstab für US-Aktien, ist in den drei Monaten bis zum 31. Dezember 2023 um 11,69% gestiegen, und der Bloomberg US Aggregate Index, ein breiter Massstab für den US-Anleihemarkt, um 6,82%. Anleger, die weiterhin an der Seitenlinie stehen, verpassen möglicherweise künftige Chancen und gefährden so ihre langfristigen Ziele. Denn langfristigen Anlegern bieten sich wieder attraktive Anlagemöglichkeiten in Aktien und Anleihen.
Marco Büchler, Financial Intermediaries Switzerland, Capital GroupSeit 1936 hat die annualisierte 10-Jahres-Rendite von US-Aktien gemessen am S&P 500 in Wahljahren, in denen ein Demokrat gewonnen hat, 11,2% betragen und in Jahren, in denen ein Republikaner den Sieg davongetragen hat, 10,5%.
Innovation ist gut, aber auch Diversifikation ist wichtig
Zuletzt haben Durchbrüche im Bereich der künstlichen Intelligenz (KI) die Welt in ihren Bann gezogen und die Aktienkurse einer Handvoll Mega-Cap-Tech-Unternehmen in die Höhe getrieben. Einige dieser führenden Unternehmen werden wahrscheinlich auch weiterhin an der Spitze der Innovationsentwicklung stehen. Ihre jüngsten Erfolge haben jedoch zu einem US-Aktienmarkt geführt, der stärker konzentriert ist, als in der Dotcom-Ära. Im Dezember 2023 sind auf die zehn grössten Unternehmen des S&P 500 30,9% der Marktkapitalisierung entfallen, verglichen mit 26,6% im März 2000. Da eine so kleine Anzahl von US-Technologieaktien einen so grossen Anteil an den Gesamtmarktrenditen hat, sind die potenziellen Vorteile der Diversifikation im vergangenen Jahr nicht offensichtlich gewesen. Angesichts der wirtschaftlichen Unsicherheiten zu Beginn dieses Jahres halte ich Diversifikation jedoch für wichtiger denn je. Ich sehe vielversprechende Anlagechancen bei führenden US-Technologieunternehmen sowie bei Dividendenzahlern und globalen Spitzenunternehmen. Europa und Asien sind die Heimat von Pionieren in verschiedenen Branchen, von der Luft- und Raumfahrt bis zur Fabrikautomation. Das französische Unternehmen Safran beispielsweise, Weltmarktführer bei Triebwerken für Schmalrumpfflugzeuge, entwickelt in Zusammenarbeit mit General Electric Triebwerke, die die Emissionen um 20% senken könnten. In Japan wiederum ist SMC führend bei Komponenten für Roboteranlagen und die Halbleiterproduktion.
Das Comeback der Obligationen könnte gerade erst begonnen haben
Obligationen haben in den vergangenen beiden Jahren nicht die relative Stabilität und Diversifikation geboten, die sich Anleger erhofft haben. Zuletzt hat sich das Bild jedoch deutlich aufgehellt. Da die Inflation schneller als erwartet zurückgegangen ist, hat die US-Notenbank angedeutet, die Zinsen nicht weiter erhöhen zu wollen – eine Nachricht, die im vierten Quartal eine Rallye an den Anleihenmärkten ausgelöst hat. Aus meiner Sicht ist das Ende eines Straffungszyklus in der Regel ein guter Zeitpunkt, um Obligationen zu kaufen. Da die Renditen in allen Kreditsektoren deutlich gestiegen sind und jede Konjunkturabschwächung zu Zinssenkungen führt, könnten Obligationen die Comeback-Story des Jahres 2024 werden.
Es gibt immer Gründe, nicht zu investieren. Das muss Anleger jedoch nicht zwingend abhalten.
«In meinen 25 Jahren im Investmentgeschäft habe ich noch nie einen guten Zeitpunkt zum Investieren gesehen. Es gibt immer ein Dutzend guter Gründe zu warten», sagte einst Graham Holloway, der verstorbene Präsident von American Funds Distributors. «Die heutige Zeit bildet da keine Ausnahme: Die Zinsen, der Präsident, die anhaltenden Unruhen im Nahen Osten, übermässige staatliche Regulierung und ein Kongress, der eher Teil des Problems als Teil der Lösung ist. Vorsichtige Anleger könnten versucht sein, unter diesen Umständen nicht zu investieren – es sei denn, sie möchten eine Gelegenheit nutzen.» Diese Worte hätten auch gestern gefallen sein können. Sie stammen jedoch von Mai 1981, als die Märkte ebenfalls von Unsicherheit geprägt waren. Kurzfristig sorgen Nachrichten für Turbulenzen, aber langfristig bestimmen die Fundamentaldaten der Unternehmen die Märkte.