Credit Suisse: Die Übernahme durch die UBS ist nur die zweitbeste Lösung

Ein rabenschwarzes Wochenende für den Schweizer Finanzplatz liegt hinter uns. Die UBS übernimmt nach zähem Ringen die am Boden liegende Credit Suisse. Der Niedergang der einst stolzen, von Alfred Escher vor 167 Jahren gegründeten Bank hatte sich zwar abgezeichnet. Dass er sich nun so schnell und brutal manifestiert, schmerzt und hinterlässt viele Fragenzeichen.

Der Gang an die gestrige Pressekonferenz des Bundesrates dürfte Axel P. Lehmann schwergefallen sein. Der letzte Chairman der Credit Suisse wird unverdienterweise als Totengräber einer Schweizer Traditionsbank in die Geschichte eingehen. Zusammen mit CEO Ulrich Körner ist es ihm nicht gelungen, das Undenkbare abzuwenden. Die Gründe hierfür sind hinlänglich bekannt. Der Niedergang der Credit Suisse wurde allerdings bereits vor rund zehn Jahren unter der Ägide von Urs Rohner eingeleitet. Und auch dieser agierte nicht alleine. Letztlich muss von einem Totalversagen des gesamten Verwaltungsrats sowie des Managements gesprochen werden. Konsequenzen für die Verantwortlichen des Debakels? Keine.

Eine zweitklassige «beste» Lösung
Die von allen Beteiligten – bezeichnenderweise mit Ausnahmen der UBS – propagierte «beste» Lösung in Form eine Übernahme der Credit Suisse durch die UBS wirft viele Fragen auf. Sie ist zuerst einmal nicht wirklich von der UBS gewollt, sondern dürfte auf Druck der Politik zustande gekommen sein. Versüsst wurde der forcierte Zusammenschluss der beiden Grossbanken mit grosszügigen Garantien seitens der Schweizerischen Nationalbank (SNB) und der Schweizer Eidgenossenschaft. Es entsteht eine neue Schweizer Superbank, deren Grösse zwar eindrücklich ist, gleichzeitig aber im Rahmen einer möglichen künftigen Bankenkrise durchaus Anlass zur Besorgnis sein kann. Keine Frage, die UBS ist heute auf Kurs und erwirtschafte solide Gewinne. Sollte der kranke Patient Credit Suisse die gesunde UBS anstecken, könnte die Situation sehr schnell drehen. Die globalen Börsenmärkte sind überaus volatil und erfordern die höchste Aufmerksamkeit der Bank. Das Management der UBS ist nun zusätzlich mit der Integration der Credit Suisse beschäftigt – ein überaus aufwändiges Unterfangen, das sich noch über Jahre und mit ungewissem Ausgang hinziehen dürfte.

Aktionärsrechte? Who cares!
Ein weiterer Punkt, der am vergangenen Wochenende unter Tisch gewischt wurde, sind die verbrieften Aktionärsrechte. Sie wurden vom Schweizer Bundesrat per Notrechte einfach ausgehebelt. Die Aktionäre der UBS und der Credit Suisse dürften sich ob der nonchalanten Vorgehensweise der Politik die Augen gerieben haben. Ob sie gute Miene zum (bösen) Spiel machen werden, wird sich weisen. Fragwürdig ist die gewählte Vorgehensweise auch unter Berücksichtigung der krisenbedingten Zeitnot dennoch.

Eine Verstaatlichung der CS wäre möglicherweise der klügere Weg gewesen
Der Schweizer Bundesrat hat in einer Krisensituation einmal mehr nur bedingt überzeugt. Er versteckt sich hinter der SNB und der FINMA. Anstatt selber als Aktionär in die krisengeschüttelte Credit Suisse zu investieren und eine volkswirtschaftliche Verantwortung zu übernehmen, wurde eine zweitklassig Fusion mit der UBS forciert. Gewählt wurde damit der Weg des geringsten Wiederstandes. Ja, ein staatliches Engagement hätte vielerorts zu einem politischen Aufschrei geführt. Richtig ist auch, dass sich der Schweizer Bundesrat hätte erklären müssen. Ob die Steuerzahler nun aber durch eine Verstaatlichung der Credit Suisse direkt oder über die Fusion mit der UBS indirekt zur Kasse gebeten werden, ist eigentlich von untergeordneter Bedeutung. Deutlich schwerwiegender für den Schweizer Finanzplatz ist der Niedergang einer Schweizer Traditionsbank, der nebst dem enormen Reputationsschaden für unsere Land, wohl auch Tausende von Arbeitsplätzen kosten wird. Das hätte die Schweizer Regierung eigentlich bedenken müssen. Stattdessen wird der Narrativ der «bestmöglichen» Lösung bemüht.

Die Leidtragenden dieses unrühmlichen Kapitels der jüngeren Schweizer Wirtschaftsgeschichte sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Credit Suisse, die unverschuldet ihren Job verlieren. Zusammen mit der Allgemeinheit zahlen sie die Zeche einer inkompetenten Manager-Gilde, die sich innerhalb der Credit Suisse über die letzten Jahre systematisch bereichert hat, ohne Mehrwert für das Unternehmen und die Aktionäre zu schaffen. Was zurückbleibt, ist ein schaler Nachgeschmack und die Gewissheit, dass die Schweizer Politik eine grosse Chance vertan hat. Die Marke Credit Suisse wird unwiederbringlich verschwinden – und mit ihr der Geist von Alfred Escher.

Hauptbildnachweis: Credit Suisse