Die Vorteile von Kurzläufern in einem Umfeld steigender Zinsen

Angesichts der Auswirkungen der Zinsentwicklung auf alle festverzinslichen Wertpapiere und der wachsenden Besorgnis über eine bevorstehende Rezession kann sich ein Anlageansatz mit kurzer Duration im derzeitigen Umfeld als vorteilhaft erweisen. Anleihen mit kurzer Laufzeit bieten in der Regel mehrere Vorteile, die Anleger vor längeren Phasen der Volatilität / steigender Zinsen schützen können.

Der Übergang zu höheren Zinssätzen hat begonnen. Zwar haben die Märkte die Zinserhöhungen der US-Notenbank und der Europäischen Zentralbank bereits weitgehend eingepreist. Doch es besteht das Risiko eines weiteren Renditeanstiegs, der weniger mit höheren Zinsen als vielmehr mit einer Ausweitung der Kreditspreads verbunden sein könnte. In diesem Zusammenhang können Anleihen mit kurzer Laufzeit möglicherweise einen besseren Schutz gegen steigende Zinsen bieten, da sie weniger empfindlich auf Zinserhöhungen reagieren als ihre Pendants mit längerer Laufzeit.

Potenzial für geringere Volatilität:
«Pull-to-Par»-Effekt
Anleihen mit kurzer Laufzeit von kreditwürdigen Unternehmen weisen in der Regel eine geringere Kursvolatilität auf als Anleihen mit längerer Laufzeit. Kurzfristige Anleihen werden nicht oft unter dem Nennwert gehandelt. Wenn sie es doch tun, kehren sie sich in der Regel schnell um. Sie tendieren auch dazu, sich wieder dem Nennwert anzunähern, wenn sich die Anleihe der Fälligkeit nähert. Dies wird als «Pull-to-Par»-Effekt bezeichnet. Dieser trägt auch dazu bei, dass sich Anleihen mit kurzer Laufzeit von Kursverlusten erholen.

Eine kurze Anlagedauer kann sich im derzeitigen Umfeld als vorteilhaft erweisen.

Tatjana Greil-Castro, Portfolio Managerin, Muzinich & Co.

«Roll-Down»: der Zinskurven-Vorteil
Der «Roll-Down»-Effekt zielt darauf ab, die Rendite der Anleihe zu maximieren, indem die Form der Zinskurve ausgenutzt wird. Das bedeutet, dass bei einer positiven Zinskurve, wenn die Anleihe fällig wird und die Kurve abwärts «rollt», die Rendite bei gleichbleibenden Bedingungen sinkt, aber der Preis steigt (Rendite und Preis bewegen sich umgekehrt zueinander). Dieses Merkmal ist bei Anleihen mit kurzer Laufzeit besonders ausgeprägt, da die Renditekurve am kurzen Ende der Kurve in der Regel steiler ist. Daher kann der positive «Roll-Down»-Effekt bedeutender sein als bei Anleihen mit längeren Laufzeiten.

Renditequelle Carry
Bei Anleihen mit kurzer Laufzeit ist der Carry – die (Gesamt-)Rendite – eine Renditequelle. Der Carry hilft, einen Kursrückgang einer Anleihe auszugleichen. Wenn die Kurse fallen, steigt der Carry. Je höher der Carry ist, desto schneller kann eine negative Kursentwicklung durch den konstanten Carry ausgeglichen werden.

Liegt das Schlimmste hinter uns? Es macht den Anschein
Was bedeutet das für die Anleger? Betrachtet man ausschliesslich das Carry-Element, so wird ein ähnlicher Anstieg der Zinssätze und eine Ausweitung der Spreads wie in den letzten sechs Monaten nicht dazu führen, dass die Anleihen dieselben Verluste erleiden. Unserer Ansicht nach haben wir das Schlimmste jetzt hinter uns. Die erste Hälfte dieses Jahres war besonders schmerzhaft, denn wir begannen mit einem niedrigen Carry, einem Markt mit negativen Renditen und keinem Schutz, gefolgt von einem starken Preisrückgang. Jetzt gleicht der Carry den erfahrenen Preisrückgang stetig aus. Wenn wir in Zukunft Preisrückgänge erleben, wird der Carry höher steigen und dazu beitragen, die Preisbewegung auszugleichen.

Strategien mit kurzer Laufzeit können zu besseren Renditen führen
Die Situation gestaltet sich jetzt anders als zu Beginn des Jahres. Bei Strategien mit kurzer Laufzeit können Carry, «Pull-to-Par», «Roll-Down» und aktives Management die Volatilität dämpfen und dürften in der zweiten Jahreshälfte 2022 bessere Renditen ermöglichen, selbst in einem herausfordernden makroökonomischen Umfeld.

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