Schweizer KMU setzen in Zeiten des Fachkräftemangels auf die Weiterbildung

Die Ökonomen der Credit Suisse haben heute die KMU-Studie zum Thema «Personalentwicklung in Zeiten des Fachkräftemangels» veröffentlicht. Aus einer Umfrage bei 800 KMU geht hervor, dass eine deutliche Mehrheit unter dem Fachkräftemangel leidet.

Um die Verfügbarkeit von qualifizierten Arbeitskräften ist es aktuell nicht gut bestellt. Wie die Ökonomen der Credit Suisse in der neusten KMU-Studie zeigen, stellt der Fachkräftemangel für zwei Drittel der rekrutierenden KMU eine harte Realität dar.

Trübe Aussichten bei der Personalsuche
Die Befragung zeigt, dass mehr als die Hälfte der KMU künftig mit einer erschwerten Suche nach Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern rechnet. Trends wie die demografische Alterung und der rasche technologische Wandel prägen die Einschätzung der KMU bedeutend mit. Zudem hat die Pandemie den Wunsch nach flexiblen Arbeitsmodellen, den auch viele KMU zu spüren kriegen, weiter in den Vordergrund gerückt: Jedes dritte KMU sieht in der Verbreitung von flexiblen Arbeitsmodellen seine Attraktivität als Arbeitgeber geschmälert, weil solche Lösungen nicht oder nur bedingt angeboten werden können. Dabei sind diese Befürchtungen besonders bei kleinen KMU weitverbreitet.

Personalentwicklung im Fokus
Der herausfordernden Situation an der Rekrutierungsfront treten KMU mit der gezielten Weiterbildung ihrer Mitarbeitenden entgegen. Weil sie spezifische Fähigkeiten auf dem Markt nicht finden, bilden 77% der KMU ihre Mitarbeitenden weiter (vgl. Abb.). Damit ist die Weiterbildung in den meisten KMU eine direkte Antwort auf den weitverbreiteten Fachkräftemangel. Gleichzeitig kann sie auch dazu beitragen, die Arbeitsbedingungen attraktiver zu gestalten: Die gezielte Förderung der Mitarbeitenden durch Weiterbildung kann genauso wie flexible Arbeitsmodelle einen Wettbewerbsvorteil darstellen.

*Nur Unternehmen, die tatsächlich auch Weiterbildung anbieten. Bildnachweis: Credit Suisse KMU-Umfrage 2021/2022

Gemäss der Umfrage bietet eine deutliche Mehrheit der KMU betriebliche Weiterbildung an, weil diese die Attraktivität des Unternehmens für künftige Mitarbeitende erhöht (90%) und zur Mitarbeiterbindung (89%) beiträgt. Damit greift die Weiterbildung auch längerfristige Komponenten im Zusammenhang mit Rekrutierungs- und Personalfragen auf. «Für die grosse Mehrheit der KMU ist Weiterbildung bereits eine Notwendigkeit, um mit dem technologischen Wandel Schritt halten zu können, und dieser Trend dürfte sich weiter verstärken», sagt Christoph Baggenstos, Leiter Firmenkunden Zentralschweiz bei der Credit Suisse. Angesichts der angespannten Fachkräftesituation und der vielen Vorteile der betrieblichen Weiterbildung überrascht es kaum, dass 93% der KMU mindestens eine Weiterbildungsmöglichkeit anbieten.

Hürden beim Angebot von Weiterbildung
Bei der Umsetzung von Weiterbildungsangeboten sehen sich jedoch viele KMU mit Einschränkungen konfrontiert. Gefragt nach den Hürden im Zusammenhang mit dem Angebot betrieblicher Weiterbildung sehen zwei Drittel die fehlende Zeit für die Freistellung der Mitarbeitenden entweder als gewisse oder grosse Einschränkung. 58% geben fehlende interne Kapazitäten für die Organisation und Planung der Weiterbildung mindestens als gewisses Hindernis an. Dabei stellt der Zeitmangel besonders bei kleinen KMU ein grosses Hindernis dar. In diesem Zusammenhang überrascht es nicht,

Mehr als die Hälfte fördert eigene Talente
Eng mit der Weiterbildung verbunden ist die Nachwuchsförderung: Gemäss der Umfrage priorisieren 13% der KMU immer ihre eigenen Talente bei der Besetzung von Führungspositionen, 43% machen dies mehrheitlich. Die Vorteile einer internen Personalbeschaffung sind vielseitiger Natur: Neben Kosten- und Zeitersparnis bei der Rekrutierung erhöht diese Art von Personalentwicklung auch die Motivation der Mitarbeitenden, indem Aufstiegschancen geboten werden. Dass 21% der KMU ihre eigenen Nachwuchskräfte bei der Neubesetzung von Führungspositionen nicht berücksichtigen und 19% der Unternehmen sie eher selten priorisieren, wirft allerdings Fragen auf. Gefragt nach den Gründen, gaben 43% einen Mangel an geeigneten internen Kandidaten an. Jedes fünfte KMU ist zudem der Meinung, dass eine externe Rekrutierung frisches Know-how und neue Impulse bringt. Insbesondere bei kleinen KMU zeigt sich aber auch, dass sich die Frage der Nachwuchsförderung aufgrund ihrer Grösse oftmals gar nicht stellt.

Kleine KMU sind im Wettbewerb um Talente stark gefordert
Da kleinere KMU weniger häufig Weiterbildung anbieten, aufgrund ihrer Grösse vielfach wenig Perspektiven im eigenen Unternehmen eröffnen können und auch beim Anbieten von flexiblen Arbeitsmodellen stärker eingeschränkt sind, werden sie im Wettbewerb um Talente von grösseren und oftmals auch finanziell stärkeren Konkurrenten stark gefordert. Umso wichtiger ist es für sie, mit anderen Aspekten zu punkten: kurze Kommunikationswege, hohe Entscheidungskompetenzen oder – wo möglich – eine Beteiligung am Unternehmen, was bei einer erfolgreichen Entwicklung durchaus attraktiv sein kann.

Die Credit Suisse KMU-Studie 2022 «Personalentwicklung in Zeiten des Fachkräftemangels» findet sich hier.

Hauptbildnachweis: Unsplash