Satire: Inside Bank Rupp & Cie – Mitarbeiterbegrüssung
Inside Bank Rupp & Cie (bæŋkrʌptsi) ist eine satirische Kolumne und handelt vom Innenleben einer Bank und anderen Unzulänglichkeiten des Lebens. Heute zum Thema adäquate Mitarbeiterbegrüssung ...
«Geht, ehrlich gesagt, überhaupt nicht!», resümierte Fredy Gfeller von der Kommunikationsabteilung. «Ich weiss nicht, was der Alte sich dabei denkt.» Er war richtiggehend aufgebracht, worauf auch Helene Schnyder vom Workforce Management heftig den Kopf zu schütteln begann.
«Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sagt heutzutage kein Mensch mehr», hielt Gfeller unmissverständlich fest.
«Absolut inadäquat», stimmte Schnyder ihm zu.
Nur Pedro Lutz vom Marketing, der Dritte am Tisch, enthielt sich der Stimme und beliess es bei einem erstaunten Blick. Er hätte angesichts der heiklen Aufgabenstellung am liebsten Compliance miteinbezogen.
Die selbsternannte Task-Force war an diesem frühen Mittwochmorgen daran, Firmenchef Hans «Joe» Spalingers traditionelle Begrüssungsnachricht für Neueintretende kritisch zu hinterfragen. Oder besser gesagt: vollständig umzuschreiben.
«Liebe Kolleg-Sternchen-innen», schlug Schnyder mit grosser Überzeugung vor. Darauf trat in der kleinen Runde eine längere Pause ein.
«Was jetzt?», sagte sie in leicht gehässigem Ton, als niemand reagierte.
«Das ist heute Standard!»
«Ich weiss nicht», antwortete Gfeller als erste*r.
Und auch Lutz schlug einen Augenblick später in die gleiche Bresche.
«Das mit dem Sternchen gefällt mir irgendwie nicht …», sagte er mit leidendem Gesichtsausdruck, «der Diminutiv hat einfach etwas Herablassendes.»
Schnyder schaute ihn verwundert, wenn nicht verständnislos an.
«Finde ich auch», sagte Gfeller, um sogleich eine Erklärung nachzuliefern: «Verkleinerungen haben in meinen Augen per se etwas Diskriminierendes an sich.»
«Schlagersternchen», setzte er nach längerer Denkpause beispielhaft hinzu.
«… oder Radieschen», rutschte es darauf Lutz heraus. Er musste trotz offensichtlichem Faux-pas kindisch kichern.
«Das geht mir jetzt deutlich zu weit», intervenierte Schnyder, ohne eine Miene zu verziehen.
«Wirklich! Für mich ist das schon fast ein Compliance Issue …», fügte sie hinzu, was zur Folge hatte, dass Lutz beschämt auf die Tischplatte starrte.
«Stört dich diese eklatante sprachliche Diskriminierung etwa nicht?», fragte Gfeller.
«Mich?»
«Du bist doch die hochempathische Workforce Managerin!» Gfeller musste, noch während er die Worte aussprach, süffisant grinsen. Wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte man die Personalabteilung bei der zweitletzten Reorganisation nicht bloss umbenannt …
Es dauerte jedenfalls, bis im fensterlosen Sitzungszimmer «Frankfurt» wieder etwas Verständliches zu vernehmen war.
«Warum schreiben wir nicht einfach Liebe Stars?», preschte Lutz plötzlich vor. Er schien über sich selbst erstaunt und lächelte zufrieden in die Welt hinaus.
«Hä …?», krächzte Gfeller und zeigte Lutz in der ersten Aufregung den Vogel. Er konnte es kaum fassen, was dieser Marketing-Heini Idiotisches von sich gab.
«Warum nicht?», fragte Schnyder. «Mir gefällt der Vorschlag. Dann hätten wir auch das mit dem Leistungsdruck weg, wenn weiter unten unverständlicherweise von erwarteter Leistungsbereitschaft die Rede ist.»
«Ganz genau», meinte der überraschte Lutz, während er sich im Stuhl zurücklehnte und die Arme wichtig vor der Brust verschränkte.
«AWK (alter, weisser Kommunikationsfritze) …», schoss es Schnyder durch den Kopf. Dann zog sie das Notebook resolut auf ihre Tischseite, um die ersten und auch alle weiteren Korrekturen einzutippen.
Es wurde gestrichen, gelöscht und gecancelt, was das Zeugs hielt, selbst Kommas wurden wegen der benachteiligenden Lernschwächen einiger Neubanker*innen entfernt.
… Und wer weiss, was die Neueintreter*innen in der darauffolgenden Woche auf ihren Bildschirmen erwartet hätte, wenn die neue Begrüssungsnachricht ihren Weg aus der Endlosschlaufe von Task Force und Compliance tatsächlich irgendwann in Spalingers Stabsbüro gefunden hätte.