White Collar – Manager

«White Collar» ist unsere Satire-Kolumne über (Un-)Sinnigkeiten aus der Geschäftswelt. In der fünften Folge widmet der Autor Andreas Hönger sich den Managern.

Menschen bilden immer Hierarchien, selbst die im Gefängnis von der Gesellschaft Ausgestossenen. Und einer muss den Job machen, die kopflosen, verwirrten Massen zu steuern. Hier kommt der viel geschmähte Manager ins Spiel.

Begonnen hat es in der Steinzeit. Zwar wissen wir wenig über die Steinzeit (wen wundert's), damals hatten sie ja nicht mal Papier und Stift; es ist demzufolge nichts überliefert. Aber es scheint logisch, dass auch damals einer begonnen hat, das Ganze zu managen. Woher sollen sonst die Steinwerkzeuge und das Feuer gekommen sein, wenn nicht ein Key Risk Taker die Verantwortung übernommen und den unorganisierten Haufen visionär in die Zukunft geführt hätte?

Später im Mittelalter hatten Manager noch Ansehen und hiessen Adlige. Dann kam diese unsinnige Revolution, die nichts gebracht hat, ausser dass die Adligen abgeschafft und so der fruchtbare Boden für die Manager geschaffen wurde.

In der Aristokratie ist es immer so, dass man mehr die Stirn zeigt als etwas dahinter.

Oscar Wilde, 1854 – 1900

Die Manager kamen mit der nächsten Revolution, der industriellen, im Verbund mit dem Kapitalismus, zu voller Blüte. Als wichtigste an dieser Umwälzung beteiligte Gesellschaftsklassen standen sich, nach dem eingeführten Fabriksystem, kapitalistische Unternehmer und lohnabhängige Proletarier gegenüber, die später zu Managern und Mitarbeitern wurden. Anfänglich ging es darum, die Arbeit zu managen, dann aber auch um Gewöhnung der widerspenstigen Massen an die Fabrikdisziplin und den monotonen, industriellen Zeitrhythmus mit positiven Anreizsystemen (leistungsabhängige Entlohnung, Prämien) und abschreckenden Zwangsmassnahmen (von der Geldstrafe bis zur körperlichen Züchtigung). Ab 1830 gab es erste Ratgeber über das Gebiet des Managements, und der neu bezeichnete Manager war geboren.

Aus dem Gesagten ergibt sich, dass Manager den Fortschritt erst möglich machen, indem sie das Unternehmertum mit der Innovation verschmelzen und die Mitarbeiter sicher und visionär durch richtige Entscheide und Problemlösungen in die Zukunft führen. Heutzutage wird das viel zu wenig geschätzt. In Mode sind jetzt flache Hierarchien und agile Teams, die sich selbst organisieren. Nur zu welchem Zweck und Ziel?

Klar gibt es kleinere Probleme mit Managern. Ausnahmsweise neigt der Manager nach der Prinzipal-Agent-Theorie im Gegensatz zum Eigentümer zu Handlungsweisen, die vor allem den kurzfristigen Erfolg als Ziel haben; Mannesmann lässt grüssen. Managergeführte Unternehmen steigern den Umsatz anstatt den Gewinn, und allenfalls wird gelegentlich etwas übertrieben mit Fringe Benefits und vielleicht vereinzelt mit Spesen. Und sehr selten verdienen Manager auch etwas viel, etwa wenn sie über Jahre den Wert des Unternehmens vernichten, oder die Firma ausnahmsweise an die Wand fahren.

Manager tragen auch sehr viel Verantwortung, indem sie unter anderem ihrerseits Manager (spätere Bauernopfer) rekrutieren müssen.

Andreas Hönger

Aber diese Welt braucht Führer, welche die Zukunft gestalten. Manager sind deshalb unverzichtbar. Manager tragen auch sehr viel Verantwortung, indem sie unter anderem ihrerseits Manager (spätere Bauernopfer) rekrutieren müssen. Zudem wird vielfach vergessen, dass der Manager von der unsichtbaren Hand geleitet wird, wonach er gerade dadurch, dass er aus Eigennutz sein Einkommen steigern will, das Interesse der Gesellschaft stärker fördert, als wenn er dieses Interesse direkt hätte fördern wollen (Adam Smith, Der Wohlstand der Nationen).

Und zum Schluss noch dies: Manager werden von den Eigentümern eingesetzt. Es wäre deren Aufgabe, die Manager besser zu kontrollieren und für schlechte Performance verantwortlich zu machen, etwa indem sie keine Boni bezahlen oder die Manager auch bei Verlusten beteiligen: Skin in the Game. Das kann nun wirklich nicht auch noch die Verantwortung der Manager sein!

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